Exportkiller Umweltschutz?

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Sind hohe Umweltschutzstandards schädlich für die Wirtschaft? Das RECYCLING Magazin analysiert in Ausgabe 07 vom 13.4.2016 eine aktuelle OEDC-Studie:

Eine strikte Umweltpolitik gilt gemeinhin als schädlich für viele Wirtschaftszweige, da sie in der Regel bürokratischen Aufwand und Kosten mit sich bringt. Eine OECD-Studie will nun zeigen, dass dies für gesamte Volkswirtschaften nicht gilt – und der Effekt sogar gegenteilig sein kann.

Länder mit strengen Umweltauflagen verlieren im Vergleich zu Staaten mit einer moderateren Gesetzgebung nicht an Wettbewerbsfähigkeit beim Export. Das ist das Ergebnis einer OECDStudie, die den Handel von Industriegütern zwischen entwickelten Wirtschaftsnationen und Schwellenländern untersucht hat. Die Studie kommt unter anderem zu dem Schluss, dass Schwellenländer mit einer starken verarbeitenden Industrie wie etwa China ihre Umweltgesetzgebung ausbauen könnten, ohne den Export negativ zu beeinflussen. Industrien mit hohem Schadstoffausstoß oder Energieverbrauch wie Chemie, Kunststoff und Stahl würden – unabhängig vom Standort – zwar leichte Nachteile durch eine strengere Umweltgesetzgebung erfahren, die aber durch ein Wachstum bei weniger umweltschädlichen Branchen kompensiert würde. Generell seien aber beide Effekte sehr gering im Vergleich zu Faktoren wie der Marktgröße, Handelszöllen oder Globalisierung.

Die Studie „Do environmental policies affect global value chains?“ (auf Deutsch: Beeinflusst Umweltpolitik globale Wertschöpfungsketten?) will mit dem Vorurteil aufräumen, dass Maßnahmen zur Verringerung von Umweltverschmutzungen und Energieverbrauch Unternehmen mit höheren Kosten belasten und sich damit negativ auf die Geschäfte auswirken würden. Die sogenannte Pollution-Haven- Hypothese (zu Deutsch etwa Verschmutzungsoase) unterstellt, dass eine verschärfte Umweltgesetzgebung Unternehmen veranlasst, bestimmte Produktionsprozesse in Länder mit geringerer Regulierung auszulagern.

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Umweltpolitik ist schlicht und einfach nicht der wichtigste Einflussfaktor auf internationale Handelsmuster“, erklärt die leitende OECD-Volkwirtin Catherine L. Mann. „Wir haben keinen Hinweis darauf gefunden, dass ein großer Unterschied in der Umweltpolitik zweier Länder den gesamten Handel mit Industriegütern signifikant beeinflusst. Regierungen sollten sich nicht länger damit beschäftigen, dass eine stärkere Regulierung ihren Exportanteil verringert, sondern sollten sich auf die Vorteile fokussieren, die sie aus Innovationen in diesem Bereich gewinnen können“.

Die Studie hat die historischen Exportdaten von 23 entwickelten Wirtschaftsnationen und 6 Schwellenländern untersucht. Betrachtet wurde die inländische Wertschöpfung durch den Export, zudem wurden die Länder mit einem speziellen Indikator nach der Stringenz ihrer Umweltpolitik beurteilt. Das Ergebnis laut OECD: Auch die Länder mit einer stringenten Umweltpolitik haben nur geringe Nachteile in Branchen wie Stahlproduktion, Chemie oder Kunststoffherstellung, die einen relativ hohen Umwelteinfluss haben. Als Beispiel wird der Export aus den Ländern mit der stringentesten Umweltpolitik (Dänemark, Deutschland, Schweiz) in die Bric-Staaten genannt. Dieser sei von 1995 bis 2008 um 11,57 Milliarden US-Dollar gestiegen. Die Zahl wäre laut OECD bei einer weniger strengen Umweltgesetzgebung um 3 Prozent höher gewesen. Gleichzeitig sei dadurch aber der Export in „saubereren“ Industrien wie Maschinenbau oder Elektronik durch eben diese Gesetzgebung um 3 Prozent gestiegen.

Die Schlussfolgerung der Studie: Eine konsequente Umweltpolitik schadet der Wirtschaft nicht. Zum einen sei der Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit gering. Zum anderen würde sie Unternehmen dazu zwingen, innovativer zu werden und so ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu erhöhen und ihren Einfluss auf die Umwelt zu verringern. Das würde zwangsläufig auch ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit erhöhen.

Klar ist aber auch, dass diese Betrachtungsweise nur für eine gesamte Volkswirtschaft gültig ist. Dass einzelne Branchen mit hohen Umweltauswirkungen durchaus Nachteile durch eine strenge Umweltpolitik haben, stellt die Studie nicht in Frage.

Autor

Michael Brunn ist Chefredakteur des RECYCLING Magazins. Der Artikel erschien erstmals im RECYCLING magazin 07 | 2016. Michael Brunn per E-Mail: michael.brunn@recyclingmagazin.de

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