Österreich schafft Öko-Silber

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Österreich verteidigt Spitzenplatz im EU-Ökologievergleich: Rang 2 gemeinsam mit Schweden hinter Deutschland – Lösung globaler Ressourcen- und Umweltprobleme erfordert weltweite Abstimmung – Überdehnung von EU-Alleingängen schadet mehr als sie nützt

Erneut belegt Österreich 2014, wie schon in den Jahren davor, einen Spitzenplatz im Vergleich des ökologischen Status quo innerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Grundlage für den heurigen Vergleich sind vier aktuelle Ökologievergleiche unterschiedlicher Organisationen. Ex aequo mit Dauerkonkurrent Schweden gewinnt Österreich die Silbermedaille. Die Goldmedaille geht diesmal an Deutschland. Gelistet sind 2014 erstmals 25 statt 19 EU-Mitgliedstaaten, weil das Ranking der Zürcher Kantonalbank, das bisher auf die OECD-Staaten beschränkt war, seinen Länderkanon erweiterte – von der EU-28 fehlen nur noch Malta, Zypern und Kroatien.

Alle diese Reihungen – mit Ausnahme des „ökologischen Fußabdruckes“ – basieren auf einer Vielzahl von Indikatorenbündeln aus unterschiedlichen Umweltbereichen. Durch die Mischung der vier Rankings werden Verzerrungen durch spezifische Ausrichtungen und Gewichtungen der Einzelrankings weitgehend ausgeglichen, womit für die bestmögliche Abbildung der Realität gesorgt wird.

Österreichs Spitzenplatzierung ist breit abgestützt und im Zeitablauf erstaunlich stabil. Seit 2002 macht die WKÖ eigene Umweltrankings bzw Rankingvergleiche, und Österreich landet immer in den Medaillenrängen. Von einem Abrutschen Österreichs kann keine Rede sein, in der Gesamtwertung ergibt das Stärken-Schwächen-Profil Österreichs unter den bewerteten Mitgliedstaaten – trotz dem Ausreißer „ökologischer Fußabdruck“ – die hervorragende Platzziffer 7,25.

Österreich verdankt dieses Ergebnis einerseits der Top-Performance in einigen Wertungen wie dem hohen Anteil der erneuerbaren Energiequellen am Energieverbrauch, der fortgeschrittenen Energieeffizienz, dem breit ausgerollten Umweltmanagement, einem hohen Recyclingniveau und dem starken Gewicht des biologischen Landbaus, andererseits der soliden Performance in den meisten anderen Disziplinen. Schwächen bei den Distance-to target-Wertungen im Klimaschutz – hier wirkt noch die Verfehlung des Kyoto-Ziels nach – und bei den Stickoxidemissionen verhindern den Griff nach der Goldmedaille.

Beim Vergleich der nationalen „ökologischen Fußabdrücke“, bei denen versucht wird, den Naturverbrauch des Menschen anhand seiner verbrauchten Fläche zu messen,  schneidet Österreich als Industrieland naturgemäß weniger gut ab. Hier sind weniger wohlhabende Nationen vorne zu finden. Allerdings: Verglichen mit Ländern mit ähnlichem Bruttoinlandsprodukt, ist Österreich auch da gut positioniert.

Bunte Rankingvielfalt

Trotz unterschiedlicher Bewertungskonzepte sind die Spitzenpositionen des Trios Deutschland, Österreich und Schweden erstaunlich stabil. Seit dem ersten „Superranking“ aus 2006 wechseln diese Länder einander in der Führung ab. Der anhaltende Erfolg Österreichs im Bereich des Umweltschutzes liegt einerseits in den hohen Umweltinvestitionen der Wirtschaft und der öffentlichen Hand über einen langen Zeitraum, andererseits in der stark entwickelten Kompetenz der Betriebe im Bereich Umweltmanagement begründet.

Harmonisierung in Europa auf hohem Niveau noch lang nicht abgeschlossen

Neben dem guten Abschneiden Österreichs ist die zweite erfreuliche Nachricht, dass sich in einzelnen Umweltbereichen das Gefälle zwischen Vorreitern und Nachzüglern langfristig verflacht, denn auch die neuen Mitgliedstaaten machen konstant gute Fortschritte. Dies ist auch ein Verdienst der fortschreitenden Harmonisierung der Umweltpoltik auf europäischer Ebene. Nach wie vor besteht aber ein erheblicher Aufholbedarf einiger Mitgliedstaaten. Diesen Aufholprozess unterstützt man nicht, indem man die schon jetzt ambitionierten Zielvorgaben weiter hochschraubt.

Umwelt- und Energiepolitik: „Gleichschritt statt Vorreiten“

Angesichts der in den letzten Jahren wachsenden Konkurrenz zwischen den Wirtschaftsräumen ist das Bewusstsein um die Bedeutung der Qualität des Wirtschaftsstandorts gewachsen. Die künftigen Umwelt-und Ressourcenprobleme verlangen immer mehr nach Antworten auf globaler Ebene. Die Vorstellung, dass ein Land oder Wirtschaftsraum allein solche Probleme erfolgreich angehen kann, ist blauäugig. Immer wichtiger ist es, ein hohes Schutzniveau schrittweise gemeinsam mit den anderen Wirtschaftsräumen zu erreichen.

Umweltrechtliche Vorschriften tragen zur guten ökologischen Performance bei. Die EU ist aber an einem Punkt angelangt, wo weiteres Vorreiten den Bogen leicht überspannen kann. Eine Überdehnung der Vorreiterrolle der EU durch undurchführbare Reduktionsziele führt zur schleichenden Verlagerung bisheriger Vorzeigeindustrien in weniger umweltbewusste Wirtschaftsräume, schwächen die wirtschaftliche Potenz des Umweltschutzvorreiters Europas und bewirken per saldo eher eine Umweltverschlechterung als eine Umweltverbesserung. Hier massive Arbeitsplatzverluste in Kauf zu nehmen, ist strikt abzulehnen.

Zunehmend beunruhigend ist, dass die Investitionsneigung in Europa einschließlich Österreich sehr verhalten ist, die Investitionen in Anlagegüter haben zuletzt europaweit nicht einmal das Vorkrisenniveau erreicht. Hier scheint eine globale Verschiebung von Investitionsflüssen weg von Europa stattzufinden. Investitionsbarrieren aufgrund überbordender und unberechenbarer rechtlicher Rahmenbedingungen spielen dabei eine Rolle. Um auf den Wachstumskurs zurückzufinden, der letztlich der beste Rückenwind für die Umwelt- und Ressourcenschonung ist, muss Europa seine eigenen Politiken harmonisieren, die einander jetzt in die Quere kommen.

Technologien und qualifizierte Mitarbeiter sind Schlüssel für Erfolg

Die derzeitige Energiewende eröffnet auch österreichischen Betrieben beachtliche Wachstumschancen. Klimaschutz und die Verringerung des Energie- und Rohstoffverbrauchs sind nicht nur Herausforderungen, sondern auch Märkte von morgen. Wir können sie am besten nutzen, wenn Österreichs Betriebe über exzellent qualifizierte Mitarbeiter und ein hohes Innovationspotenzial verfügen. Ressourceneffiziente wirtschaftliche Technologien werden weltweit gefragt sein. Österreich hat eine lange Tradition und eine hohe technische Kompetenz im Bereich modernster Umwelttechnik. Hier kann Österreich auch eigenständig viel Positives bewirken, beginnend damit, bestehende Barrieren abzubauen. Die Qualifikation von Energiemanagern, die Verbreitung vorhandener Einspartechnologien durch Berater sowie die Förderung der freiwilligen Anwendung von Energiemanagementsystemen sind Beispiele dafür. Diese Technologieführerschaften gilt es zu festigen. Wer hier die Nase vorn hat, wird in Zukunft sowohl bei den ökonomischen als auch bei den ökologischen Rankings Spitzenplätze belegen.

Gastautoren

Dr. Stephan Schwarzer ist Leiter der Abteilung für Umwelt- und Energiepolitik in der Wirtschaftskammer Österreich und Universitätsdozent für Öffentliches Recht an der Wirtschaftsuniversität Wien.

Mag. Christoph Haller MSc ist Nachhaltigkeitskoordinator der Wirtschaftskammer Österreich.

Der Text erschien erstmals als Leitartikel im Magazin ‘Umweltschutz der Wirtschaft’ 3/14.

 

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