Es geht ums Geld

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Kreislaufwirtschaft braucht Circular Finance – Eine analytische Bestandsaufnahme im Recyclingmagazin 4/2019.

Die Kreislaufwirtschaft vergoldet als Schritt für die Zukunft Europas. Allerdings bedarf der Übergang großer Anstrengungen, auch finanziell. Wie die Finanzierung verbessert kann, hat die Generaldirektion Forschung und Innovation zusammen mit einer Expertengruppe untersucht, der auch Euric-Geschäftsführer Emmanuel Katrakis angehört.

Es wird davon ausgehen, dass für die Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft in Europa bis 2025 320 Milliarden Euro benötigt werden. “Die Finanzierung von Projekten für die Kreislaufwirtschaft ist für Investoren keine triviale Angelegenheit – und auch Unternehmen als auch der Finanzsektor stehen vor Hürden vor großen Hürden und machen die anderen für das Scheitern in seiner jeweiligen Rolle”, heißt es im Bericht “Beschleunigen des Übergangs zur Kreislaufwirtschaft – Verbesserung des Zugangs zu Finanzmitteln für Kreislaufwirtschaftsprojekte”. Aus Unternehmenssicht erkenne der Finanzsektor die Vorteile des zirkulären Ansatzes nicht und überschätze die Risiken. Aus Sicht des wegweisens habe man es mit neuen Technologien und Geschäftsmodellen zu tun, die riskant und oft nicht finanz sei. “Es ist klar, dass zu diesem Zeitpunkt die wesentliche Herausforderung bei der Finanzierung der Kreislaufwirtschaft in den Risiken, ihrer Wahrnehmung und ihrer Bewertung durch die verschiedenen Akteure liegt”, heißt es im Bericht. Ziel der Expertengruppe sei es zu, Vorschläge zur Überwindung dieser Hindernisse zu erarbeiten.

Risiken überschätzt

Während des größeren Unternehmens der Kreislaufwirtschaft selber finanzieren könnten, sind kleinere und jüngere Unternehmen für ihr Wachstum auf externes Kapital angewiesen. Kreislaufwirtschafts-projekte würden aber als komplexer und damit auch riskanter eingeschätzt, war zu hohe Finanzierungskosten führe. Bei der Risikobewertung gibt es zwei Hauptfaktoren: Die Kreditwürdigkeit des Kreditnehmers und der Wert der Sicherheiten. Gerade junge Unternehmen würden es als hohes Risiko, da sie der finanzielle Hintergrund fehle. Zudem seien die Anfangsinvestitionen oft hoch und kurzfristig werden nur geringe Gewinnmargen erzielt. Der Wert der Sicherheiten wird am Marktwert gemessen, vor allem durch eine Anlagebewertung. Allerdings ist dies in einem linearen System anders als in einem zirkulären. Viele Kapitalgeber würden sich mit der Kreislaufwirtschaft nicht auskennen, hier muss Wissen aufgebaut werden.

Grundsätzlich sei ein gemeinsames Verständnis der Kreislaufwirtschaft notwendig. Dazu auch einheitliche Kriterien zur Bewertung von Zirkularität und zur Überwachung gehören. Nicht jedes Projekt sei zu 100 Prozent zirkulär, auch hierfür klare Definitionen notwendig. Die innerhalb der EU bestehende Definitionen und Systematiken werden weiter. Es müssten Methoden entwickelt werden, um Investitionsmöglichkeiten in Kreislaufwirtschaftsprojekte zu evaluieren; den Grad der Zirkularität und damit die sozialen, ökonomischen und ökologischen Auswirkungen Übergang und den Beitrag von Projekten für die Kreislaufwirtschaft zu messen. Auch ein Vergleich von linearen und zirkulären Projekten in Bezug auf soziale, ökologische und ökonomische Einschreibung en sein. Die Definitionen und Systematiken sollten mit bestehenden Definitionen innerhalb der EU kompatibel sein und in den Mitgliedstaaten harmonisiert werden.

Projekte der Kreislaufwirtschaft seien grundsätzlich mit einem hohen Risiko verbunden, da sich Änderungen im Markt oder im Nutzverhalten, vor allem aber auch rechtliche Änderungen, auswirken können. Aller- dings sei die reine Risikobetrachtung kein sinnvoller Ansatz, vielmehr müssten die Projekte mit linearen Projekten verglichen werden. Bestehende Bewertungsmodelle würden die Risiken von linearen Projekten oft gar nicht erfassen, während diese bei Kreislaufwirtschaftsprojekten überbewertet beziehungsweise die Vorteile unterschätzt würden. Die Kreislaufwirtschaft bringt andere Produkte und Produktionsprozesse mit sich, die mit signifikanten technischen und operationalen Risiken und meist auch mit Marktunsicherheiten verbunden sind. Dies werde vom Finanzsektor nicht wirklich verstanden. Um die hohen Risiken zu mindern, sollten öffentlich-private Finanzierungsmittel genutzt oder entwickelt werden. Als Beispiel für ein alternatives Finanzierungsmodell werden die InnovFin Energy Demonstration Projects genannt, die von der Europäischen Investitionsbank (EIB) in Kooperation mit der Kommission durchgeführt werden.

Als weitere Probleme nennt der Bericht, dass angebotene Finanzierungsinstrumente vom Markt nicht immer als geeignet empfunden würden. Umgekehrt fehle es an Wissen über vorhandene Finanzierungsmög- lichkeiten.

Potenziale richtig einschätzen

Die wirtschaftliche und finanzielle Komplexität von Projekten stelle eine zusätzliche Herausforderung für die Unternehmen dar. Oft würden wirtschaftliche Potenziale nicht erkannt, für die Umsetzung würden zudem Anreize von außen fehlen. Die Unternehmensführung müsse die Kreislaufwirtschaft als strategische Priorität vorgeben. Bestehende Organisationen und Prozesse müssten auf ihr Zirkularitätspotenzial geprüft werden. Außerdem sollte der Fokus auf neue Geschäftsmodelle gelegt werden, die auf bestehenden Materialien und Produkten basieren.

Unternehmen hätten oft wenig Interesse an Kooperationen. Bei einer richtigen Umsetzung würde aber so ein höherer Mehrwert für alle Beteiligten bei gleichzeitiger Reduzierung von Kosten und Risiken geschaffen. Es sei daher sinnvoll, Netzwerke in Sektoren, Wertschöpfungsketten und Regionen zu schaffen und diese vor allem auch für den Wissens- und Erfahrungsaustausch zu nutzen. Die Marktbeobachtung und die Betrachtung bestimmter Parameter sei Standard, viele Unternehmen würden aber nach wie vor die ökologischen und sozialen Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeiten nicht berücksichtigen. Externe Effekte müssten in wirtschaftliche und Investitionsentscheidungen mit einbezogen werden. Für all das würden verlässliche und standardisierte Methoden benötigt.

Spezielle Regelungen benötigt

Die Kreislaufwirtschaft brauche stabile politische Rahmenbedingungen. Es seien zwar zahlreiche gute Richtlinien vorhanden, allerdings fehle es speziell an Regelungen für neue Geschäftsmodelle. Es sollte keine Subventionen mehr für lineare Projekte geben, zudem müssten die negativen externen Kosten internalisiert werden. Gegebenenfalls seien auch Subventionen für Kreislaufwirtschaftsprojekte sinnvoll. Die öffentliche Beschaffung müsse genutzt werden, um die Märkte zu stärken. Öffentliche Finanzierung könnten genutzt werden, um Risiken zu minimieren und so mehr privates Kapital zu gewinnen.

Es sei notwendig, die Risiken linearer Geschäftspraktiken offenzulegen. Dadurch würden auch die Vorteile der Kreislaufwirtschaft deutlicher herausgestellt. Eine entsprechende Berichterstattung der Unternehmen müsse eingefordert werden. Es werde eine klare Definition von „Circular Finance“ benötigt. Dazu sollten die bestehenden Definitionen der Kreislaufwirtschaft verfeinert und um entsprechende Finanzdefinitionen ergänzt werden. Zudem sollten spezielle Finanzinstrumente für die Kreislaufwirtschaft entwickelt werden, die vor allem in der Übergangsphase benötigt würden.

Insgesamt fehle es noch an einem klaren gemeinsamen Ziel für die Kreislaufwirtschaft. Unternehmen würden das lineare Modell beibehalten, solange es einen Preisvorteil biete. Wenn der Markt nicht die richtigen Signale gebe, müsse die Politik Anreize schaffen. Dies gelinge bisher noch nicht ausreichend. So sei etwa das Verursacherprinzip noch nicht vollständig umgesetzt. Als weitere Mängel werden fehlende Messgrößen für Zirkularität, Recycling- und Deponierungsquoten nur auf nationaler Ebene genannt. Darüber hinaus gebe es keine Instrumente, die klare Preissignale senden und die Sekundärrohstoffe wettbewerbsfähiger machen würden. Die erweiterte Herstellerverantwortung sei noch nicht vollständig umgesetzt und für viele Kategorien gar nicht vorhanden. Es fehle für viele Produkte an Erfolgskriterien und Benchmarks. Die Behörden müssten ihre zentrale Rolle erkennen und wahrnehmen.

Autor

Michael Brunn ist Chefredakteur des RECYCLING Magazins. Der Artikel erschien erstmals im RECYCLING magazin 04 | 2019. Michael Brunn per E-Mail: michael.brunn@recyclingmagazin.de

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