Wer Kinderunis kennt, denkt vor allem an die fröhlichen Kinder in Hörsälen oder in Laboratorien, die gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern forschen. Genauso soll es sein, denn wir möchten, dass sich die Kinder wohl fühlen und sie mit Spaß und ohne Druck bei der Sache sind. Bei der KinderuniWien wird den Kindern Raum an den Universitäten gegeben. Hier können sie schon im jungen Alter mit Unterstützung der Forscherinnen und Forscher ihrer Neugier freien Lauf lassen.
Kinderunis können aber noch viel mehr. Denn es geht nicht vorrangig um Wissen und die neuesten Ergebnisse der Forschung, sondern an den Unis und anderen Forschungsinstitutionen wird eine besondere Sichtweise, ein „wissenschaftlicher Zugang“ zur Welt, vermittelt. Es geht hier um kritisches Denken! Diese Fähigkeit wollen wir Kindern mit auf den Weg geben. Eine Fähigkeit, die sie hoffentlich mit vielen Menschen teilen, die aber besonders für jene, die in der Wissenschaft tätig sind, die Grundvoraussetzung für ihre Arbeit darstellt.
Raum für Nicht-Wissen
Bei einer Kinderuni sollen Fragen gestellt werden. Und die Kinder können auch immer eine Antwort erwarten. Im besten Fall werden sie eine gemeinsame Antwort mit den Forscherinnen und Forschern finden, aber manchmal wird man vielleicht auch sagen müssen, dass die Frage noch nicht geklärt werden kann. Dann muss man weiter forschen und sich neue Perspektiven überlegen. Denn bei der Kinderuni soll auch Raum für „Nicht-Wissen“ sein. Ganz nach dem sokratischen Prinzip „Ich weiß, dass ich nichts weiß“. Erst mit diesem Bewusstsein, kann man sein eigenes Handeln und die Geschehnisse in unserer Umwelt kritisch beleuchten. Das bedeutet auch, dass man den Kindern bei der KinderuniWien durchaus schon schwierige Themen und auch Eigenverantwortung zugestehen kann. Kinder wollen als Forschungspartnerinnen und Forschungspartner ernst genommen werden. Die Kinderuni hilft dabei, zu reflektierten Entscheidungen zu kommen und Zusammenhänge zu verstehen.
Der Erwerb von Wissen bei der Kinderuni ist eigentlich nur ein Nebeneffekt. Es dreht sich also nicht nur um Antworten auf grundlegende Fragen, wie beispielsweise „Warum ist der Himmel blau?“, sondern um ein Gestalten persönlicher Bildungsreisen. Die Kinder sollen Freude am Wissenserwerb haben und angeregt werden, sich mit Themenfeldern ihrer Umwelt außerhalb von vorgegebenen Strukturen zu beschäftigen. Aber das wichtigste ist, dass sie die Freude an der Auseinandersetzung mit offenen Fragen möglichst nie verlieren.
Ungewöhnliche Fragen treffen auf unorthodoxes Denken
Die Kinderuni ist aber natürlich auch ein fantastischer Weg, um für teilweise sehr komplexe oder auf den ersten Blick vielleicht sperrige Themen zu begeistern. An der KinderuniWien bereiten die Lehrenden ihre Veranstaltungen akribisch vor, denn in kindlicher Unbeschwertheit stellen die jungen Studentinnen und Studenten oft sehr ungewöhnliche und auch knifflige Fragen. Das erfordert unorthodoxes Denken und neue Methoden der Vermittlung. Als Organisatorinnen und Organisatoren bekommen wir von Lehrenden und Eltern oft die Rückmeldung, dass die Kinderuni auch nachhaltig wirkt. Lehrende verwenden an der Kinderuni entwickelte Vermittlungsformate auch im Alltag der Lehre mit den erwachsenen Studierenden und Kinder verwenden an der Kinderuni erworbenes Wissen im Schul- und Lebensalltag. Die Grundprinzipien für eine Lehrveranstaltung an der Kinderuni gelten natürlich auch für die „echten“ Lehrveranstaltungen für die älteren Studierenden: Spannung hilft Aufmerksamkeit zu erhalten und eine bildhafte Sprache unterstützt enorm, wenn man komplexe Phänomene bzw. Begrifflichkeiten verständlicher erklären möchte. Besonders gut funktionierten natürlich Vermittlungsprogramme, bei denen die Kinder und Jugendlichen auch selber aktiv werden können. Von veranschaulichenden Experimenten bis zum Einsatz von Elementen aus der Theaterpädagogik, wie Rollenspielen o.ä., können viele kreative Wege beschritten werden, um Wissenschaft und Forschung erfahrbar zu machen.
Wissenschaftsboxen zu Ressourcenschonung und Abfallvermeidung
Ein schönes Beispiel dafür gibt es bei der KinderuniWien und der Kinderuni on Tour, wo die Kinder und Jugendlichen verschiedene Experimente zum Thema Abfallvermeidung, Ressourcenschonung und getrennte Sammlung durchführen und dadurch wichtige Impulse für ein umweltorientiertes Verhalten erhalten. Drei speziell gestaltete Wissenschaftsboxen sind diesen Themen gewidmet und erlauben eine intensive Auseinandersetzung mit wichtigen Fragestellungen zu unseren heutigen Lebens- und Umweltbedingungen. Sammelkarten mit Experiment-Anleitungen im Comic-Stil, erlauben den Kindern, sich auch zu Hause mit der Thematik zu beschäftigen und ihre Versuche im vertrauten Umfeld zu wiederholen. So können die Kinder Zusammenhänge zwischen ihrem eigenen Umgang mit Ressourcen und den Auswirkungen auf die Umwelt besser kennen lernen. Unser Ziel ist es, Sensibilität und Bewusstsein zu schaffen und die Kinder zu jungen Expertinnen und Experten im Bereich Abfallvermeidung und Ressourcenschonung zu machen, sodass sie ihr Wissen und ihre Erfahrungen im Familien- und Freundeskreis weitergeben können.
Dieser „Hands on“ – Zugang, also das praktische und interaktive Arbeiten an einem Thema, ist für nachhaltiges und vor allem auch begeistertes Lernen besonders wichtig. Programme wie die Kinderuni on Tour ermöglichen dies in einem entspannten und vertrauten Umfeld, etwa im Park oder in vertrauten Jugendzentren.
Von wegen Elfenbeinturm der Wissenschaft!
Das Konzept Kinderuni ist in Österreich bereits gut angekommen. Der so oft zitierte Elfenbeinturm der Wissenschaft wird also schon seit geraumer Zeit regelmäßig von Scharen von Kindern gestürmt und in einen quirligen und bunten Ort des Forschens verwandelt. Ganz nach dem Motto der KinderuniWien: „Wir stellen die Uni auf den Kopf!“ strömen im ganzen Land jährlich tausende Kinder im Alter zwischen 7 und 12 Jahren an die unterschiedlichen Universitäten, um gemeinsam mit Studentinnen und Studenten, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und Menschen aus der Praxis auf lustige Art und Weise etwas über die Welt, in der wir leben, zu erfahren.
Die Kinderunis ermöglichen es uns, unsere Verantwortung für die kommenden Generationen wahrzunehmen. Es liegt an uns Erwachsenen, den Kindern Freiräume einzuräumen, sie an Entscheidungen teilhaben zu lassen und Dinge auch einmal kritisch hinterfragen zu lassen. Im Angesicht der vielfältigen Herausforderungen unserer heutigen Welt ist es notwendig Lösungswege aufzuzeigen. Bei der KinderuniWien erfahren die Kinder, dass es nicht nur wichtig ist, an diesen Lösungen gemeinsam zu arbeiten, sondern dass man auf diese Weise auch wirklich zum Ziel kommen kann. Der menschliche Geist ist zu fantastischen Leistungen fähig und bei der Kinderuni ist das Glas der Wissenschaft immer halb voll.
Autor
Cyril Dworsky: Vater von 2 Töchtern, Archäologe mit Schwerpunkt Unterwasserarchäologie.
Für das Kinderbüro der Universität Wien (Organisation KinderuniWien): Internationale Projekte: “SiS-Catalyst. Children as change agents”, International Liaison Coordinator für EUCUNET (European Children’s Universities Network), sowie Projekt Schwerpunkt Communityportal; Mentoring; Mitwirkung bei Wissenschaftsaktionen
Kontakt: E-Mail, Kinderuni-online
Fotos:
Cornelia Reidinger
Barbara Mayr
APA Schedl
Susanne Schramm
Sehr geehrter Herr Mag. Dworsky,
vielen Dank für diesen spannenden Beitrag. Ich arbeite seit sechs Jahren mit Kindern aller Altersgruppen und versuche genau in diesem Sinne die natürliche Neugierde und den Forscherdrang der Schüler zu nutzen. Könnten Sie mir sagen, was ich tun müsste um als “Mensch aus der Praxis” eventuell im Juli/August an/mit der Kinder-Uni mithelfen zu können, die Thematik der Umweltschonung & Müllvermeidung in workshops zu vermitteln bzw. meine Erfahrung zur Verfügung zu stellen. In neugieriger Erwartung verbleibe ich
Mit freundlichen Grüßen
Doris HAHNL
Sehr geehrte Frau Hahnl,
es freut mich sehr, dass Ihnen der Beitrag gefällt und sie auch Interesse an der KinderuniWien haben. Für heuer ist unser Programm zum größten Teil fixiert, aber ich sende ihnen einfach ein paar Informationen per E-mail, damit wir gemeinsam überlegen können, welche Möglichkeiten wir entwicklen können.
Herzliche Grüße,
Cyril Dworsky