Der folgende Artikel erschien zuerst im RECYCLINGmagazin. Wir danken für die Erlaubnis zur Veröffentlichung.
Unter dem Dieselskandal der vergangenen Monate und Jahre hat das Image dieser Motoren gelitten. Das ist zunächst einmal für die meisten Nutzer nicht ganz so dramatisch, schwerwiegend sind aber drohende Fahrverbote. Nicht zuletzt davon wären auch Unternehmen der Entsorgungs- und Recyclingwirtschaft betroffen. Aber welche Alternativen gibt es für die „grüne“ Branche, auch die eigene Fahrzeugflotte möglichst umweltfreundlich zu gestalten?
Von Elektrofahrzeugen träumen Politiker und Umweltschützer gleichermaßen, allerdings lässt die Realisierung dieses Traums noch ein bisschen auf sich warten: Weder werden 2020 eine Million Elektrofahrzeuge fahren noch Lkws in großem Stil elektrisch angetrieben werden. Das heißt aber keinesfalls, dass es keine elektrisch angetriebenen Lkws geben wird – Auswahl und Verfügbarkeit sind derzeit aber noch stark limitiert. Der einzige Hersteller, der ab 2019 entsprechende Fahrzeuge verkaufen will, ist die Volvo-Group mit ihren Marken Volvo und Renault. Auf der IFAT war bereits ein Fahrzeug von Volvo Trucks für die Abfallentsorgung zu sehen, dass der schwedische Hersteller zusammen mit dem Aufbauhersteller Faun entwickelt hat. Das 27 Tonnen schwere Fahrzeug kommt sogar schon bei der Stadtreinigung Hamburg zum Einsatz. Der Volvo FE Electric soll dabei künftig in verschiedenen Ausführungen für unterschiedliche Transportaufgaben erhältlich sein. Dazu gehört laut Hersteller auch eine Variante mit Niederflurfahrerhaus, die dem Fahrer nicht nur das Ein- und Aussteigen erleichtert, sondern auch einen guten Überblick auf das Verkehrsgeschehen ermöglichen soll. Die Batteriekapazität kann laut Volvo an den Bedarf angepasst werden, das Laden erfolgt entweder am Stromnetz oder an Schnellladestationen. „Die Elektromobilität ist ganz im Sinne unseres langfristigen Engagements für eine nachhaltige Stadtentwicklung und null Emissionen“, so Volvo-Trucks-Chef Claes Nilsson. Elektrisch angetriebene Lkws, die keine Abgasemissionen ausstoßen, eignen sich für Indoor-Terminals und Umweltzonen.
2019 ist auch mit Elektro-Lkws von der Volvo-Tochter Renault zu rechnen. Nach eigenen Angaben habe man zehn Jahre lang mit Kunden getestet, nun kommt eine Baureihe mit Fahrzeugen von 3,5 bis 26 Tonnen. Explizit nennt das Unternehmen auch Entsorgungstransporte als Anwendung. Sogar schon ab September 2018 soll der Renault Master Z.E. verfügbar sein – die kleine Variante der E-Lkws. Die „Großen“ D Z.E: und D Wide Z.E. sollen dann ab der zweiten Jahreshälfte 2019 gebaut werden. Während der 16-Tonner D Z.E. vor allem für innerstädtische und temperaturgeführte Transporte gedacht ist, adressiert Renault mit dem D Wide Z.E. mit 26 Tonnen explizit die Entsorgungsbranche. Beim Z.E. gibt das Unternehmen eine Reichweite von bis zu 300 Kilometern an, abhängig von Nutzung und Batteriekonfiguration. Mit Gleichstrom sollen sich die Batterien aber innerhalb von ein bis zwei Stunden wieder aufladen lassen. Bei Wechselstrom kann der Ladevorgang dann aber schon 12 Stunden dauern.
Noch in der Testphase
Getestet wird derzeit noch bei Mercedes. In Baden-Württemberg testet das Unternehmen zwei Actros-Modelle mit 18 beziehungsweise 25 Tonnen und elektronischem Antrieb. Die Reichweite gibt Mercedes mit etwa 200 Kilometern an bei Lithium-Ionen-Batterien mit einer Speicherkapazität von 240 Kilowattstunden. Ein Ladezyklus soll zwei bis drei Stunden dauern. Nach Unternehmensangaben müssten sich die Fahrzeuge unter den unterschiedlichsten Bedingungen beweisen. Untersucht würden bei den Tests insbesondere die Antriebseigenschaften und die Batterien mit Fokus auf Ladeverhalten und Reichweiten. Die Erprobung läuft seit Mitte Juni und soll noch bis Ende des Jahres andauern. Anschließend sollen zehn eActros zur Erprobung an Kunden ausgeliefert werden.
Auf Gasantrieb setzen hingegen Scania und vor allem Iveco. Das Unternehmen bietet bereits seit über 20 Jahren Fahrzeuge mit mit diesem Antrieb an, auch in unterschiedlichen Klassen. Währen die „kleineren“ Fahrzeuge mit CNG-Antrieb angeboten werden, steht bei den größeren Fahrzeugen alternativ auch LNG zur Verfügung. Damit sollen sich Reichweiten von bis zu 1.600 Kilometern erreichen lassen. Neben den deutlichen CO2-Einsparungen sollen die Fahrzeuge laut Hersteller im Durchschnitt auch um etwa 4 dB leiser sein. Aber auch Volvo bietet Fahrzeuge mit LNG-Antrieb an. Der CO2-Ausstoß der Fernverkehrs-Lkw soll kraftstoffabhängig um 20 bis 100 Prozent unter dem eines Dieselfahrzeugs liegen. Kommt Biogas zum Einsatz, werden die 100 Prozent erreicht.
Dass ein fossilfreier Güterverkehr bis 2050 möglich ist, will Scania mit der kürzlich veröffentlichten Pathway-Studie aufziegen. „Es ist durchaus möglich, in unserer Branche völlige CO2-Freiheit im Transportwesen zu erreichen und zwar innerhalb des im Pariser Abkommens festgelegten Zeitrahmens. Allerdings erfordert dies sowohl einen Wandel in einer beispiellosen Geschwindigkeit als auch einen aufrichtigen und gemeinschaftlichen Einsatz des privaten und öffentlichen Sektors“, erklärte Scania-CEO Henrik Henriksson zur Veröffentlichung der Studie. Und genau die Geschwindigkeit könnte das größte Problem werden. Denn laut Studie müssten die notwendigen Veränderungen schon bis 2025 angestoßen seien. Dazu würden aber nicht nur die Technologien, sondern vor allem auch die benötigte Infrastruktur gehören. Zudem müsste bei den Antriebstechnologien eine durchschnittliche globale Wachstumsrate von 5 bis 10 Prozentpunkten und eine vollständige Marktdurchdringung bis 2040 erreicht werden. Daher seien auch die Transportindustrie und andere Branchen angehalten, einen schnellen und unmittelbaren Wandel einzuleiten.
Fossilfreier Güterverkehr möglich
Dabei werden in der Studie vier wesentliche Ergebnisse genannt. Durch eine intelligentere Logistik, etwa durch eine Verbesserung der Streckenführung und der Logistik der Ladungen, könnten die CO2-Emissionen um mehr als 20 Prozent reduziert werden. Die Elektrifizierung würde in Ländern, in denen die Infrastruktur das Potenzial für universelle Ladestationen und fossilfreie Energie bietet, den effizientesten, schnellsten und kostengünstigsten Weg zu einem fossilfreien Güterverkehr bieten. Mit elektrischen Autobahnen für Langstreckentransporte könnte die Elektrifizierung zudem noch beschleunigt werden. Für die Nutzung von Biokraftstoffen stünden schon heute sowohl die Technologie als auch die Kraftstoffe zur Verfügung. Durch die Nutzung der klassischen Verbrennungsmotortechnologie würden die Biokraftstoffe einen effektiven und realistischen Weg zur Reduzierung der Emissionen darstellen. Für Brennstoffzellen sieht die Studie einen wesentlichen Zuwachs erst später, da entsprechende Fahrzeuge teuer sind. „Wenn die Kosten für diese Technologie sinken und erneuerbarer Wasserstoff in ausreichenden Mengen zur Verfügung steht, könnte die Brennstoffzellentechnologie bis 2050 einen wesentlichen Anteil eines jeden Fuhrparks ausmachen“, heißt es weiter. Betont wird neben der Frage der Geschwindigkeit auch die Notwendigkeit einer Dekarbonisierung der angrenzenden Industrien. Zudem müssten Finanzierungsmaßnahmen geschaffen werden. Ganz so unproblematisch scheint der fossilfreie Güterverkehr dann wohl doch nicht umgesetzt werden können.
Und dass es im Zweifel immer am Geld mangelt, zeigt die geplante Förderrichtlinie für energieeffiziente und CO2-arme Lkws. 10 Millionen Euro sollen dafür zur Verfügung stehen – aus Sicht etwa des bvse viel zu wenig. Angesichts der Zuschusshöhen durchaus verständlich: So soll es für Lkws und Sattelzugmaschinen mit CNG-Antrieb pauschal 8.000 Euro geben. Für Fahrzeuge bis 12 Tonnen sind 12.000 Euro, für Fahrzeuge ab 12 Tonnen mit Elektroantrieb 40.000 Euro vorgesehen. Pro Unternehmen sind maximal Zuschüsse in Höhe von 500.000 Euro möglich, das Förderprogramm ist zunächst bis Ende 2020 befristet.
Wie eine klimaneutrale Abfallsammlung funktionieren könnte, soll ab August in einem gemeinsamen Projekt von Remondis, Iveco, GVG Rhein-Erft und Zukunft Erdgas erprobt werden. In Erftstadt und Pulheim sollen dann sechs erdgasbetriebene Lkws von Iveco zum Einsatz kommen. Wie weit die klimaneutrale Abfallsammlung 2020 ist, bleibt noch abzuwarten.
Autor
Michael Brunn ist Chefredakteur des RECYCLING Magazins.
E-Mail: michael.brunn@recyclingmagazin.de