Führungskräfte haben es heute nicht leicht. Der Erwartungsdruck steigt, die Unsicherheit auch. Führungskräfte werden meistens daran gemessen (und dafür belohnt), wie effektiv, effizient, produktiv und finanziell erfolgreich die Organisation ist. Daneben sollen sie ihre Organisation in die Lage versetzen, jederzeit flexibel und einsatzbereit zu sein und für alle Fälle gerüstet. Sie sollen Good Governance, Gender-Themen und ‚Nachhaltigkeit’ im Unternehmen umsetzen. Dafür gibt es meist keine Belohnung – wohl aber Konsequenzen von Eigentümern / Shareholdern, wenn das Unternehmen einen Nachteil hat, weil diese unausgesprochenen Anforderungen noch nicht erfüllt sind – z.B. ein Auftrag nicht erhalten wird, eine negative Pressemeldung erscheint, ein Rechtsfall anhängig ist. Es ist daher nicht weiter verwunderlich, dass der vorherrschende Führungsstil aufgrund des Drucks immer noch eher direktiv ist.
Für MitarbeiterInnen sieht es bezüglich Druck nicht viel anders aus: Mehr als die Hälfte aller Fehltage im Job gehen in Europa bereits auf psychische Erkrankungen zurück. Knapp 50 % der Frühpensionierungen sind psychisch bedingt.
Kein Wunder dass Führungskräfte und MitarbeiterInnen unter der dauernden Mehr-Belastung leiden und nicht selten krank werden.
Was bedeutet ‘Gesundheit’ im Unternehmen?
Gesundheit im Unternehmen ist lange schon ein Schlagwort – als betriebliches Gesundheitsmanagement. Damit wird meist die physische (Arbeitsplatzergonomie, Gefahrstoffexposition, Ernährung etc.) und die psychische Gesundheit gemeint. Das dieses Thema brennt ist kein Wunder, angesichts der oben beschrieben Faktenlage.
Wir sehen Gesundheit im Unternehmen noch etwas weiter: Die Gesundheit der Menschen mit allen ihren Ebenen – neben Körper und Geist auch noch Emotionen und den ‚Spirit’ – und die Gesundheit der Organisation als solches. Gesunde Unternehmen (und die Menschen darin) wissen warum es sie gibt, sind werteorientiert, haben klare Ziele, gute Beziehungen zu allen Anspruchsgruppen und eine Struktur, die sie bei Ihrer Tätigkeit unterstützt. Als Ergebnis sind sie kraftvoll, tatkräftig, inspirierend und inspiriert, finanziell erfolgreich. Eine gesunde Organisation erbringt wertvolle Produkte und Services, sie ist sich ihrer Verantwortung in der Welt bewusst und daher auch nachhaltig.
Unternehmen, die das Thema Nachhaltigkeit als Integration von ökonomischen, ökologischen und sozialen Faktoren ernst nehmen und bereits umsetzen, haben in vielerlei Hinsicht die Nase vorn. Unter anderem zählt auch die Aufgeschlossenheit dazu, Themen und Situationen anders als die Mehrheit anzugehen und damit einen Unterschied zu machen. (Austria Glas Recycling tut dies beispielsweise in Form ihres Stakeholderdialoges, der seit 2004 geführt wird.) Eine holistische Sicht- und Arbeitsweise im hier angedachten Sinn, unterstützt Unternehmen in ihrer Nachhaltigen Entwicklung.
Eine ‘Kultur der Führung’ als Antwort
“Es ist Zeit, dass Menschen sich ihr Führungs-Potenzial bewusst machen“ meint Birgitt Williams, weltweit tätige Leadership-Expertin und Autorin des Buches “The Genuine Contact Way: Nourishing a Culture of Leadership”. Und sie meint damit alle Menschen, nicht nur Führungskräfte. Jeder Mensch hat die Fähigkeit zu führen und das muss auch im Unternehmens-Kontext genutzt werden, ist die Kernaussage ihres Leadership-Ansatzes.
Das erfordert von Führungskräften eine entsprechende Haltung und geeignete Maßnahmen wie etwa
- Unterstützen von Selbst-Führung und Übernahme von Verantwortung
- Schaffen eines Umfeldes in dem Menschen sich trauen zu führen
- Chaos als Voraussetzung für Lösungen und Ordnung als Voraussetzung für Wachstum schätzen
- Führen als aktives Tun verstehen und nicht als abstraktes ‚Ding’
Ein Vorteil liegt auf der Hand: Wenn jede/r Führungsverantwortung für das eigene Aufgabengebiet wahrnimmt, so können Führungskräfte sich auf ihre eigentlichen Führungsaufgaben konzentrieren: Laut der Hernstein-Studie ‚Führungsrollen’ wünschen sich Führungskräfte mehr Zeit für die Befassung mit den Themenfeldern Zukunft, Organisation und Personen. Der Vorteil für MitarbeiterInnen: Sie können ihre Stärken einbringen und in ihren Leistungsfeldern selbstständig und eigenverantwortlich agieren.
Jeder Mensch hat die Fähigkeit, zu führen
Wie können Sie sich diesem Leadership-Paradigma nähern, ohne z.B. noch eine zusätzlich Arbeitslast zu verspüren? Oder anders ausgedrückt: wie kann man einmal hineinschnuppern, um beurteilen zu können, ob es Sie unterstützen kann?
Nehmen Sie sich 15 Minuten Zeit – ohne Telefon, Emails, Besprechungen – und beantworten Sie folgende Fragen:
- Glauben Sie, dass jeder Mensch die Fähigkeit hat, zu führen? Denken Sie dabei an Beispiele aus dem persönlichen wie beruflichen Leben.
- Wenn Sie annehmen, dass jeder Mensch die Fähigkeit zu führen hat oder eben nicht hat – wie ändert das ihre nächste berufliche Entscheidung (und sei sie auch noch so klein)?
Wenn Sie zu dem Schluss kommen, dass diese Übung bereichernd für Sie war, ist die Zeit für etwas Neues vielleicht da!
Weitere Informationen
Das Buch “The Genuine Contact Way: Nourishing a Culture of Leadership” von Birgitt Williams gibt es derzeit (leider) nur bei Amazon. Wenn Sie in Wien sind, gerne auch bei uns zum Sonderpreis abzuholen – bitte schreiben Sie mir ein Mail: monika.himpelmann@gesundeorganisationen.eu
Autorin
Mag. Monika Himpelmann ist Geschäftsführerin von ARECon GmbH. Nachhaltigkeit war von Beginn ihrer beruflichen Laufbahn beim Verein Austria Recycling an, ein allgegenwärtiges Thema – in Form einer breiten Palette von Projekten sowie Altstoff-Sammelsystemen. Die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung von Unternehmen und Gesellschaft ist auch heute ein zentraler Wert ihrer Tätigkeit. Gesunde Organisationen ist der Rahmenbegriff für ihre Arbeit als Beraterin / Facilitator und Trainerin.
Interessanter Artikel. Das Führen auch Verantwortung heißt, wird meiner meinung nach immernoch oft vergessen…