Goldmedaille für Österreich im EU-Umweltvergleich

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Nachhaltigkeitsranking 2017 Dieser Artikel erschien erstmals im Magazin ‘Umweltschutz der Wirtschaft’ 3/17 der Wirtschaftskammer Österreich als Leitartikel.

Langjähriges Engagement der Wirtschaft im Umwelt- und Energiebereich ist zentraler Erfolgsfaktor – Investitionsbremsen verhindern aber oft raschere Fortschritte – Bremsklötze lösen!

WKÖ checkt 56 Indikatoren für Öko-Bonitätsmessung. Die ökologische Bonität eines Landes gewinnt immer mehr an Bedeutung und ist ein Asset für einen attraktiven Wirtschaftsstandort sowie ein Faktor bei unternehmerischen Umweltinvestitionen. Der Grundstein für die gute Performance Österreichs im Umweltschutz wurde durch kontinuierliche Anstrengungen der Wirtschaft, der Politik und der Verwaltung gelegt und ist über viele Jahre gewachsen. Seit 2005 bewertet die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) alle zwei Jahre die Umweltsituation Österreichs im Vergleich der EU-Mitgliedstaaten. Dieses Ranking basiert auf 56 Umweltparametern quer durch die umweltrelevanten Bereiche Abfall, biologische Vielfalt, Energie, Klima, Luftreinhaltung, Mobilität, Ressourcen, Wasser und Umweltmanagement.

Die gute Nachricht: Österreich holt den ersten Platz, nachdem es 2015 hinter Schweden und Dänemark „nur“ die Bronzemedaille gewonnen hatte. Die folgenden Plätze belegen Dänemark, Italien, Schweden und Deutschland. Die ausgewerteten Daten stammen aus veröffentlichten europäischen Quellen wie zB Eurostat und der EU-Umweltagentur.

Österreich im EU-Vergleich: Nachhaltigkeitsranking

Top-5 konstant vorne. Auch wenn das Set an Umweltindikatoren der unterschiedlichen Umweltbereiche entsprechend verfügbarer Datengrundlagen von Jahr zu Jahr und Vergleich zu Vergleich leicht variiert, sind es seit 2005 immer wieder dieselben fünf Nationen – Dänemark, Deutschland, Italien, Österreich und Schweden -, welche die Top-5-Plätze im Gesamtranking mehr oder weniger unter sich ausmachen. Dies unterstreicht, dass diese Ergebnisse keine Eintagsfliegen oder reine Momentaufnahmen, sondern sehr dauerhaft sind.

Die top-platzierten Länder weisen dabei aber in ihren Stärke- und Handlungsfeldern sehr unterschiedliche Profile auf, wie die folgende Grafik zeigt: Sie stellt die Platzierung der angeführten Länder innerhalb der EU 28 über die verschiedenen Umweltbereiche hinweg (je kleiner die Balken, desto besser) dar.

Nachhaltigkeitsranking - die Top 5

Die Pfeiler der rot-weiss-roten Erfolgsstory

Investitionen wirken. Der anhaltende Erfolg Österreichs im Bereich des Umweltschutzes liegt einerseits an den hohen Umweltinvestitionen der Wirtschaft und der öffentlichen Hand über einen sehr langen Zeitraum, andererseits an der stark entwickelten Kompetenz im betrieblichen Umweltmanagement. Zwei Drittel der österreichischen Investitionen von knapp 12,5 Milliarden Euro {2014) stammen von der Wirtschaft. Die EU steuert 2,5% bei. Österreich verdankt die hervorragende Platzierung sowohl den Top-5-Ergebnissen in 14 Disziplinen, als auch der soliden Performance in den meisten anderen Disziplinen. In der Hälfte aller Wertungen ist Österreich in den Top-10.

Highlights sind die Wertungen zum betrieblichen Umweltmanagement, zur Nutzung erneuerbarer Energiequellen, zum C02- Ausstoß pro BIP, zur Luftreinhaltung (Emissionen im Verhältnis zum BIP), zum Modal Split im Gütertransport und Personenverkehr sowie zur biologischen Landwirtschaft.

Europa wächst zusammen – ‘Nachzügler’ holen auf

Neben dem exzellenten Abschneiden Österreichs ist ein weiteres erfreuliches Ergebnis des Rankings, dass sich das Gefälle innerhalb der EU zwischen „Vorreitern“ und „Nachzüglern“ in Sachen ökologischer Nachhaltigkeit weiter verflacht, denn die in den letzten 10 Jahren dazugekommenen Mitgliedstaaten machen konstant gute Fortschritte. Die Performance der Nachzügler hat sich in einzelnen Umweltbereichen stark verbessert. Dafür sind die ökologischen Mindestlevels der Europäischen Union verantwortlich, denen sich die Länder annähern. Für Österreich ist es gut, dass die EU-Partnerländer aufholen und den Abstand zu den Vorzeigeländern verringern – zum einen aus Sicht des Umweltschutzes unserer Grenzregionen, zum anderen im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft: Die umweltschutzbezogenen Produktionskosten gleichen einander langsam an.

Österreichische Umwelttechnik-Industrie im Aufwind

Seit etwa 25 Jahren wird in mehrjährigen Abständen ein Monitoring der österreichischen Umwelttechnik-Industrie durchgeführt. Über diesen Zeitraum zeigt die Branche in Österreich nicht nur ein kontinuierliches und überdurchschnittliches Wachstum. Die Umwelttechnikbranche und die nachfragenden Branchen stehen in einem engen symbiotischen Verhältnis – das eine kann nicht ohne das andere wachsen. Die konstant hohe Innovationsfreudigkeit der Umwelttechnik-Betriebe sichert ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber der starken internationalen Konkurrenz ab.

Das im Juni novellierte Ökostromgesetz sorgt mit zusätzlichen Fördermitteln für weitere Nachfrageschübe in den kommenden Jahren.

Wirtschaft entkoppelt Wohlstandssteigerung von Emissionstrend

Gewerbe und Industrie haben ihr Produktionswachstum von den C02-Emissionen entkoppelt. Eine Tonne Stahl, Zement oder Papier ist heute mit rund einem Drittel weniger C02-Ausstoß verbunden als vor 20 Jahren. Emissionen „pro Kopf und Nase” sind bei vielen Schadstoffen noch mehr gesunken. Luft- und Wasserqualität sind heute um Klassen besser und damit sauberer als vor 30 Jahren. Anerkannt ist, dass die österreichische Industrie bezüglich C02-Minderung europa- und weltweit zu den Technologieführern gehört.

Zukünftige Handlungsfelder – Der EU-Umweltschutz-Zug fährt weiter

Trotz der hervorragenden Position Österreichs hören die Herausforderungen im Umwelt- und Energiebereich nicht auf – Handlungsbedarf besteht immer, nicht zuletzt aufgrund der fordernden Umweltpolitik der EU. Die Distance-to-target-Wertung bei den Stickoxidemissionen bleibt wie in anderen Mitgliedstaaten eine Herausforderung für Österreich. Neue Ziele werden ab 2020 beim Energieverbrauch, der Energieeffizienz und den Treibhausgasen zu erreichen sein. Auch beim Abfallmanagement kommen neue Anforderungen auf Österreich zu. Auf der Tagesordnung bleiben zudem weiter Luftreinhaltung, Naturschutz und Biodiversität.

Investitionsbremsen lösen!

Um die Spitzenposition Österreichs weiter verteidigen zu können, müssen im Umweltbereich aber auch einige „Bremsklötze” beseitigt werden: Ob es um mehr erneuerbare Energie, die Verbesserung der Effizienz oder Systemlösungen geht: ohne Investitionen geht gar nichts. Für das Erreichen der gesteckten energie- und klimapolitischen Ziele werden in den nächsten Jahren große Beträge investiert werden müssen. Dazu braucht es langfristig angelegte staatliche Anschubprogramme, die die erforderlichen privaten Investitionen auslösen, denn neue Arbeitsplätze entstehen nur in einem positiven Wirtschaftsklima. Dafür müssen die rechtlichen Rahmenbedingungen investorenfreundlicher gestaltet und Bremsen gelöst werden, wie zB

  • Beseitigung der Eigenstromsteuer im Gewerbe (PV, Kleinwasserkraftwerke)
  • Abschaffung hinderlicher Genehmigungsbürokratie für Solaranlagen auf Gewerbedächern im Anlagenrecht
  • Anpassungen im Wohnrecht zur Erleichterung der Errichtung von Ladestationen in Mehrparteienhäusern.

Kostengefälle benachteiligt Investitionsstandort Österreich

Die größte Herausforderung für die Zukunft ist der Umbau des Energiesystems. Deutschland nimmt dafür mehr Geld in die Hand als Österreich. So dotiert Deutschland seinen Energie- und Klimafonds mit den gesamten Erlösen aus den Verkäufen von staatlichen Emissionszertifikaten (das sind rund 3 Milliarden Euro jährlich). In Österreich fließen diese Erlöse dem staatlichen Budget zu. Gleichzeitig sind in Österreich Unternehmen, die dem Emissionshandel unterliegen, sogar von Umweltförderungen ausgeschlossen. Deutschland senkt außerdem die Energiekosten der Industrie durch Zuschüsse und Abgabenbefreiungen – hier wäre mehr Harmonisierung auf Unionsebene gefragt. Technologie-Vorreiter müssen mehr C02-Zertifikate kaufen als Nachzügler.

Daher fordert die Wirtschaftskammer

  • eine Zweckwidmung der Verkaufserlöse von Emissionszertifikaten für die Umsetzung der Energiestrategie
  • Harmonisierung auf Unionsebene bei Rückvergütung C02-bedingter Stromkosten
  • Technologievorreiter durch Gratiszertifikate belohnen.

Energieeffizienz durch Energiemanagement vorantreiben – Schwerpunkt KMU

Mit Zielproklamationen allein werden sich die von Österreich im Rahmen der EU übernommenen Hausaufgaben nicht bewältigen lassen. So wie das Umweltmanagement in den letzten zwei Dekaden große Fortschritte gebracht hat, wird auch das Energiemanagement der Betriebe innerhalb von 5 bis 10 Jahren spürbare Verbesserungen in der Energieeffizienz ermöglichen. Schon heute zählen österreichische Betriebe weltweit zu den Klassenbesten ihrer Branchen.

Aktuelle Erfolge der WKÖ:

  • Im Juli hat der Gesetzgeber 5 Millionen Euro für Energiemanagement in Klein- und Mittelbetrieben zur Verfügung gestellt
  • PV-Eigenstromanlagen sind auch für Mehrparteienhäuser inklusive ansässiger Gewerbebetriebe möglich.

Gebäudesanierung beflügeln

Auf der Agenda der Energie- und der Klimapolitik steht die Sanierung der schlecht isolierten Gebäude der Nachkriegszeit sowie die Modernisierung der Heizungen. Von der schon in der Klimastrategie 2007 verheißenen Sanierungsquote 3% ist Österreich jedoch heute so weit entfernt wie damals.

Aus diesem Grund schlägt die Wirtschaftskammer vor, dass

  • sich die Fördersysteme viel mehr auf die Bedürfnisse der Investoren einstellen müssen – sie sollten auf mehrere Jahre ausgelegt sein und nicht Jahr für Jahr bewilligt werden müssen.

Verfahrensbeschleunigung durch strukturierte Verfahren auf der politischen Agenda

Beim Thema Verfahrensbeschleunigung besteht auch in Österreich dringender Handlungsbedarf. Rund 10 Milliarden Euro Investitionen, etwa die Hälfte betrifft die Energiewende, stecken in der Warteschleife fest. Leider werden viele dieser Projekte durch Einsprüche, neue Vorbringen, Beschwerden und in Einzelfällen sogar durch Besetzungen behindert und verzögert zum Schaden für die Energiewende. Verfahrensdauern von 60 bis 120 Monaten sind nicht tragbar, Entscheidungen müssen rascher getroffen werden können. Daher sollte

  • das bewusste Zurückhalten von Einwänden, um Verfahren in die Länge zu ziehen, durch eine klare Strukturierung des Verfahrens ausgeschaltet werden.

Erfolgsstory Umweltschutz, nächstes Kapitel: nachhaltiges Energiesystem

Die Wirtschaft hat in der Vergangenheit große Herausforderungen im Bereich Ökologie und Umweltschutz gemeistert – Seenreinhaltung, Flussreinhaltung, Abfallmanagement, Luftreinhaltung, Chemikalienmanagement. Auch das Ziel eines nachhaltigen Energiesystems kann dann erreicht werden, wenn alle gesellschaftlichen Kräfte zusammenwirken. Die Wirtschaft jedenfalls wird ihren Teil dazu beitragen!

Autoren

Der Beitrag ist der Leitartikel im Magazin ‘Umweltschutz der Wirtschaft’, Ausgabe 3/17, der Wirtschaftskammer Österreich. Austria Glas Recycling dankt für die Erlaubnis zur Wiedergabe.

Mag. Christoph Haller MSc (WKÖ), Mail: christoph.haller@wko.at

Univ. Doz. Dr. Mag. Stephan Schwarzer (WKÖ) stephan.schwarzer@wko.at

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