unser Jubiläum im internationalen Jahr des Glases 2022
Zwei Besonderheiten werden uns durch das Jahr 2022 begleiten: Österreichs Glasrecyclingsystem begeht das 45jährige Jubiläum. Und die UN rief 2022 zum internationalen Jahr des Glases aus und sieht dies ausdrücklich als Bekräftigung und Unterstützung der Agenda 2030, der Sustainable Development Goals (SDGs).
In der Resolution 75/279 “Internationales Jahr des Glases, 2022” sind unter anderem folgende Gründe genannt, das heurige Jahr zum Jahr des Glases zu erheben:
- Das Material Glas begleitet die Menschheit seit Jahrhunderten, bereichert die Lebensqualität von Millionen Menschen und ist das wichtigste und wandlungsfähigste Material der Geschichte. Wir finden Glas in mannigfachen Bereichen – von der Luftfahrt über Kunst zur Gesundheitsvorsorge und Aufbewahrung/Verpackung.
- Technologien wie Glaspaneele für Photovoltaik, Glasfasern, ultradünnes Sensorglas bieten vielfältige Entwicklungschancen und fördern weitere Innovationen, die die Transformation der Welt im Sinne der Agenda 2030 beflügeln.
- Dem Material Glas wird ein wichtiger Beitrag zu nachhaltigem Konsum und nachhaltiger Produktion zugesprochen. Auch wenn die Glasproduktion derzeit noch energieintensiv ist, macht die Glasindustrie immense Fortschritte bei der Reduktion des Energieverbrauchs und der Nutzung erneuerbarer Energien.
Mit dem Jahr des Glases möchten die UN Impulse setzen, nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster zu fördern (SDG 12) und nennt explizit ReUse und Recycling.
Dem ist fast nichts hinzuzufügen – außer einem kleinen Überblick über Österreichs Glasrecyclingsystem, das auf der sprichwörtlichen grünen Wiese seinen Anfang nahm und nun zu den besten in Europa zählt.
Österreichs Glasrecyclingsystem – die ersten 45 Jahre
1976 unternahm die Vorläuferorganisation der Austria Glas Recycling – vorerst im Umfeld der Glaswerke – einzelne Glassammelaktionen. Bereits 1977 wurde österreichweit mit einem flächendeckenden Behältersystem durchgestartet. Für 1978 weist die Statistik ein Sammelergebnis von 28.187 Tonnen auf. Mittlerweile halten wir bei rund 260.000 Tonnen pro Jahr. In der Anfangsphase unterstützen karitative Organisationen die Altglassammlung. Heute sind Aufgaben, Ziele und Finanzierung in Abfallwirtschaftsgesetz und Verpackungsverordnung geregelt. Es gilt das Prinzip der Verursachergerechtigkeit (producer responsibility).
Vom Nutzen von Glasrecycling
Der vielfältige Nutzen von Glasrecycling war und ist klar. In einem Kommunikationskonzept aus den 1980er Jahre lesen wir vom
- umweltbezogenen Nutzen: Entlastung der Mülldeponien, Reinheit in Boden, Luft, Wasser
- volkswirtschaftlichen Nutzen: Sicherung von Arbeitsplätzen, Müllkostenersparnis, Entlastung der Zahlungsbilanz, Preisstabilität und Umwegrentabilität
- ressourcenökonomischen Nutzen: Rückgewinnung wertvoller Rohstoffe und Energie
- soziologischen Nutzen: Erziehung zu umweltfreundlicherem Leben, Festigung einer Gemeinschaftsarbeit
Diese Ausführungen haben nichts an Gültigkeit verloren. Glasrecycling schafft Benefit auf vielen Ebenen. Die Industrie profitiert von den Sekundärrohstoffen und der Energieeinsparung. Unsere Volkswirtschaft kann den Rohstoffbedarf aus Material decken, das bereits im Lande ist. Wir Bürger*innen haben die Möglichkeit, sinnvolle Jobs in der Recyclingwirtschaft anzunehmen. Für Sauberkeit und Hygiene im öffentlichen Raum ist gesorgt. Die Natur wird auf zweifache Weise geschützt: Erstens, weil Rohstoffe nicht abgebaut werden müssen. Zweitens, weil Altglas nicht deponiert, sondern recycelt wird.
Meilensteine von Glasrecycling in Österreich
- 1976: Pilotprojekte mit Glassammelbehältern
- 1977: österreichweiter Einsatz von Sammelbehältern – ‚Geburtsstunde‘ von Österreichs Glasrecyclingsystem
- 1990er Jahre: Die ersten Doppelkammerbehälter kommen in Salzburg zum Einsatz.
- 1993:
- Verpackungsverordnung tritt in Kraft und etabliert Verursachergerechtigkeit.
- ARA AG wird gegründet.
- 2000:
- Das Sammelergebnis übersteigt erstmals die 200.000 Tonnen Marke.
- Austria Glas Recycling etabliert Umweltmanagementsystem.
- 2001:
- Austria Glas Recycling wird als erstes Unternehmen Österreichs nach der internationalen Umweltmanagementnorm EMAS II, die speziell für Dienstleistungsbetriebe entwickelt wurde und großen Fokus auf die indirekten Umweltaspekte legt, auditiert.
- Bobby Bottle, der zauberhafte Flaschengeist, tritt zum ersten Mal in einer Volksschule auf.
- 2004: erster Stakeholder-Tag des Glasrecyclingsystems. Thema: Umweltauswirkungen im Glaskreislauf
- 2007: Der 1. Nachhaltigkeitsbericht der Austria Glas Recycling erscheint.
- 2014:
- strategische Verschränkung von Austria Glas Recycling und ARA
- 1. Austria Glas ReCIRCLE mit Prof. Ernst Ulrich von Weizsäcker
- Entwicklung der App ‘glasartig’, der ersten App, die Recycling belohnt
- 2015: Marktöffnung für Mitbewerber (Sammel- und Verwertungssysteme)
- 2018: Entwicklung des Glasrecycling-Sustainability-Navigators, der die für die Entwicklung von Österreichs Glasrecyclingsystem relevanten Normensphären – SDGs, EMAS, CSR-Norm, ONR 192500 – verschränkt und in Maßnahmen münden lässt
- 2019: Entwicklung der Optimierungs-App ‚glassfuture‘, die die Kommunikation der Akteure vereinfacht und die konsequente Verbesserung der Glassammelinfrastruktur beschleunigt
- 2021: 15. Austria Glas ReCIRCLE mit Anders Indset – Premiere als virtuelle Veranstaltung dieser Dialogreihe
Glasklar auf Circular-Economy-Kurs
In Österreich ist mit Recyclingquoten von mehr als 80 % seit vielen Jahren ein überdurchschnittlich hohes Niveau erreicht. Die von der EU im Rahmen von Green Deal und Kreislaufwirtschaftspaket für das Jahr 2030 vorgegebenen Recyclingziele sind für Glasverpackungen bereits heute Standard. Gemeinsam mit unseren Partnern arbeiten wir beständig daran, Österreichs Glasrecyclingsystem den Bedürfnissen der Gesellschaft und den Notwendigkeiten der Wirtschaft gemäß zu entwickeln. Das ist eines seiner Erfolgsgeheimnisse. Derzeit ist ein Schwerpunkt die Digitalisierung der Logistik sowie der datentechnischen Begleitprozesse. Davon erwarten wir uns Effizienzsteigerungen und ökologische Verbesserungen (grüne Logistik). Die Synergien mit den Unternehmen der ARA in allen betrieblichen Bereichen – insbesondere Technik und Datenmanagement, Know-how und Expertise, Kommunikation und Marketing – wappnen Österreichs Glasrecyclingsystem bestens für die Gestaltung der Transformation zur Kreislaufwirtschaft.
Österreichs Glasindustrie arbeitet gemeinsam mit europäischen Glasherstellern an einer völlig neuen Wannentechnologie, die einen Umstieg auf grüne Energie möglich machen wird. Die Wanne der Zukunft (furnace for future) wird eine Hybridwanne sein, die mit bis zu 80% mit Strom betrieben wird. Das bedeutet, dass bis zu 80% des fossilen Energieträgers Erdgas durch erneuerbare elektrische Energie ersetzt werden können.
Ich zitiere das Vorwort der ersten Umwelterklärung der Austria Glas Recycling aus dem Jahr 2001: „Die umweltpolitische Wende der neunziger Jahre ist geprägt von der Erkenntnis, dass ökologisches Engagement keine für sich selbst stehende, losgelöste Aufgabe ist, sondern nur dann Erfolg haben kann, wenn alle Bereiche von dem Gedanken des Umweltschutzes und der Nachhaltigkeit durchwirkt sind. Zwei für diese Haltung charakteristische Begriffe seien beispielhaft genannt: Kreislaufwirtschaft und Stoffstrommanagement. Kreislaufwirtschaft bezeichnet eine Wirtschaftsform, die Material- und Güterströme innerhalb des industriell wirtschaftlichen Systems möglichst zu schließen. Ökologisches Stoffstrommanagement meint die ökologisch sinnvolle und nachhaltige Beherrschung der vom Menschen verursachten Stoffströme.“
international gefragt: Österreichs Circular-Economy-Know-how
Unsere Gesellschaft und wir als Glasrecyclingsystem ließen und lassen dieser Erkenntnis evidenzbasiert und weitblickend Taten folgen. Wir transformieren das Gesellschafts- und Wirtschaftssystem zu einer nachhaltigen Circular Economy! Ökologie und Klimaschutz sind allen Lebens- und Wirtschaftsbereichen immanent. Dieses Bewusstsein zeigt sich zum Beispiel eindrücklich darin, dass Österreich nunmehr ein Klimaschutzministerium hat, zu dessen Agenden Verkehr, Innovation und Technologie zählen.
Österreich ist – dank der Leistungen von Austria Glas Recycling, ARA und Vorläuferorganisationen, die bereits in den 1940er Jahren ihren Ursprung haben – Recyclingvorreiter in Europa und weltweit. Österreichs Umwelttechnologie und Circular-Economy-Know-How sind international gefragt. Neben Glas erfüllen wir auch für die Packstoffe Papier und Metall bereits heute die Recyclingziele für 2030 des EU-Kreislaufwirtschaftspaketes. Für das ungemein vielseitige und daher entsprechend komplexe Material Kunststoff sind wir auf dem richtigen Kurs. Das bedeutet ganz wesentlich auch, dass wir in der Lage sind, Österreichs Wirtschafts- und Industriebetriebe verlässlich mit Altstoffen zu versorgen, die wichtige Sekundärrohstoffe für die Produktion neuer Güter und neuer Verpackungen sind. Gerade jetzt, wo wir sehr unmittelbar die Verletzlichkeit der globalen Lieferketten spüren, ist dies besonders bedeutsam für unser Wirtschaftsleben, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in Österreich und unseren Wohlstand.
An dieser Stelle bedanke ich mich bei allen, die sich für die stetige Weiterentwicklung von Recycling und Ressourcenmanagement einsetzen und gemeinsam mit Austria Glas Recycling und ARA sachkundig, weitblickend und innovativ an der Realisierung von Kreislaufwirtschaft arbeiten.
Ich bin überzeugt, dass die Transformation zur Circular Economy gelingt. Glasrecycling wird dabei eine wichtige Rolle spielen – auch über unser Jubiläumsjahr und das UN-Jahr des Glases hinaus.
Autor
Dr. Harald Hauke, Geschäftsführer der Austria Glas Recycling GmbH und Vorstand der ARA AG
Quellen und Links
Umwelterklärungen/Nachhaltigkeitsberichte der Austria Glas Recycling