Abfalltrennung ist ein Gebot der Stunde. Soweit so bekannt. Nicht nur zahlreiche Filme widmen sich mittlerweile diesem Thema, oder besser gesagt, dem oftmaligen Versagen einer richtigen Mülltrennung. Zuletzt haben die beiden österreichischen Regisseure Florian Weigensamer und Christian Kröne einen eindrucksvollen, wie ebenso beklemmenden, Beweis mit einem Film über die Elektroschrott-Deponie Agbogbloshie in Ghana erbracht.
Müll ist allgegenwärtig, ob in Niederösterreich, in Österreich, Europa oder auf dem gesamten Planeten. Ein sogenannter „call to action“ alleine – also der Aufruf zur konkreten Handlung, dem Trennen –verhalt vielerorts ungehört, es fehlt an einer bildlichen und greifbaren Sprache.
Ganze Landstriche leiden unter Abfallmengen und auch unsere Weltmeere sind zugemüllt. Bei den NÖ Umweltverbänden ist man sich all dieser Tatsachen bewusst. Jährlich fallen in Niederösterreich beinahe
900.000 t Abfall an. Es ist augenscheinlich, dass ohne verantwortungsvolles Sammeln und richtiges Trennen die Entsorgungskosten steigen, die Umwelt leidet und Ressourcen vergeudet werden.
Abfallvermeidung ist an der Spitze kreislaufwirtschaftlichen Denkens
Unbestritten ist es, dass Abfallvermeidung an der Spitze kreislaufwirtschaftlichen Denkens steht. Aber: Fällt der Müll erstmal an, muss richtig entsorgt werden. Wiederverwendung (ReUse) ist in unseren Köpfen bislang nur unzureichend präsent, obwohl sich die diversen Plattformen im Internet steigender Beliebtheit erfreuen.
Die Wiederverwertung (Recycling) hingegen, egal ob eine gebrauchte Aludose oder ein Handy in den Kreislauf zurückgeführt wird, ist in der Wahrnehmung zwar angekommen, weist aber dennoch Potentiale für ein höheres Bewusstsein auf. Abfall als Ressource gedacht, beinhaltet Rohstoffe für neue Produkte und verdient ein Leben nach seinem Gebrauch.
Fehlendes Wissen über den zusätzlichen Energie- und Technikaufwand in der Neuproduktion erschwert zudem das Verständnis. Noch weniger bekannt ist das „zweite Leben“ oder „die mehrfache Karriere“ von richtig getrenntem Abfall. Das Hauptproblem hierbei: Ein plastisches Begreifbarmachen, was mit getrenntem Abfall passiert, die Bilder im Kopf fehlen.
#TRENNSETTER – Kampagne visualisiert das ‘Leben nach der Trennung’
Angesichts dieser Problemstellungen haben sich die NÖ Umweltverbände im Frühjahr 2018 entschieden, einen neuen Weg einzuschlagen. Die Niederösterreicher erfahren bei der #TRENNSETTER Kampagne, wie durch richtiges Trennen aus alten PET-Flaschen beispielsweise Sportschuhe oder aus Altpapier neue Bücher-Bestseller werden. Eine Getränkedose richtig entsorgt, kann bereits nach sechs Monaten wieder im Handel stehen. Schmeckt das Getränk dann nicht gleich besser, obschon man ganz allgemein gesprochen auf Aludosen verzichten sollte?
Ziel der neuen Kampagne ist es, sortenreines Trennen – also „richtiges“ Trennen – als Grundlage für Recycling und so auch für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft zu etablieren. Gleichzeitig gilt es das Leben des Abfalls „danach“ zu visualisieren. Bilder sprechen bekanntlich mehr als tausend Worte und so wurden die entsprechenden Kampagnensujets in einer eigenen Bildsprache entwickelt. Die Grundbotschaft: Ein wertvolles Leben nach der Trennung gilt nicht nur in so manchem Lebensbereich, sondern erst recht für Abfall.
Abfallwirtschaft entwickelt sich immer mehr zur Ressourcenwirtschaft, das ist die Kernbotschaft, die vermittelt wird. Letztendlich kommuniziert man, was im Kreislauf geführt wird, schont Ressourcen und kommt zurück.
Die Kampagne setzt direkt bei der Bevölkerung an: Die Herausforderung ist es, in den Alltag der Menschen einzutauchen und zu vermitteln, dass jeder neue Gegenstand mitunter schon einmal in unserer Hand gewesen sein kann.
#TRENNSETTER lässt Bilder sprechen, zeigt die Wiederverwendung und -verwertung auf und erklärt den Weg zurück in unser Alltagsleben.
Bei #TRENNSETTER zeigt aber auch die Kehrseite falscher Trennung: So sind beispielsweise nicht alle Metalle magnetisch und manche Metalle, gerade das teure und in der Produktion energieintensive Aluminium, verursacht Schäden in Restmüll-Verbrennungsanlagen. Darüber hinaus sind gerade Metalle ein wichtiger Rohstoff. Richtige Trennung rechnet sich also.
Richtig trennen: Wettbewerbsvorteil und Arbeitsplatzsicherung
Eine Wirtschaft, die hier bewusst Aktionen und Initiativen setzt, generiert einen Wettbewerbsvorteil und schafft und sichert Arbeitsplätze.
Ein Beispiel: Gebrauchte Speiseöle und -fette sind wertvolle Rohstoffe. Die Sammlung und Wiederverwertung helfen unserer Umwelt und bringen zudem einen wirtschaftlichen Nutzen. Jeder Liter Speiseöl in die Haushaltsabflüsse oder WC geleert, kann Folgekosten verursachen. In den Engstellen können sich die verklumpten Stoffe sammeln und somit relativ rasch zur Verstopfung des Abflusssystems führen. Kosten fallen somit nicht nur im öffentlichen Kanalsystem an, sondern mitunter im eigenen Haus oder der eigenen Wohnung. Da erkennt man sehr schnell den Mehrwert richtiger und bewusster Entsorgung.
Die Trennung von Speisölen und -fetten ermöglicht es, dass die notwendigen Arbeitsschritte, begonnen bei der Sammellogistik, über die Reinigung der Gefäße, bis hin zur Erzeugung des Biodiesels aus den gesammelten Stoffen im eigenen Land erfolgen kann. Das Resultat: Ein 1 Liter Biodiesel spart rd. 1,894 kg an fossilen Brennstoffen. Wertschöpfung, die nicht nur der Umwelt, sondern uns allen zu Gute kommt.
In Niederösterreich rechnet sich das: Vor 15 Jahren von den NÖ Umweltverbänden und dem Land NÖ als NÖLI eingeführt, werden jährlich mittlerweile über eine Million Kilogramm Altöle und -fette gesammelt. Der NÖLI ist wiederverschließbar und kann immer wieder neu befüllt werden. Er ist aus der niederösterreichischen Abfallwirtschaft nicht mehr wegzudenken. Eine Erfolgsgeschichte, die über eine landesweit koordinierte Sammlung durch die Umweltverbände und Gemeinden ermöglicht wurde.
#TRENNSETTER macht zudem klar, Trennen bedeutet eine saubere Umwelt, entlastetes Grundwasser durch geringere Deponierung, Einsparung von Öl und Gas durch weniger Neuproduktion sowie Energiegewinnung durch umweltschonendes Verbrennen von Abfall. Abfallwirtschaft wird zu Klimaschutz und Trennen zu einer bewussten Entscheidung für das Leben von Produkten nach ihrem Gebrauch.
Kreislaufwirtschaft muss selbstverständlich werden.
Die Kampagne verstärkt zudem einen positiven Trend. Mittlerweile werden rund 540 Kilogramm Abfall pro Person und pro Jahr in Niederösterreichs gesammelt. Man blickt auf eine Trennquote von 66% und recycelt 62%. #TRENNSETTER steht aber erst am Anfang, denn Kreislaufwirtschaft muss man verstehen, leben und eines Tages als Selbstverständlichkeit ansehen.
Autor
Mag. Florian Beer ist in der Öffentlichkeitsarbeit für „die NÖ Umweltverbände“ tätig. Florian Beer studierte Kommunikations- und Politikwissenschaft an der Universität Wien und St. Gallen (Schweiz). Er bekleidete unterschiedliche Positionen in der Wirtschaft, politiknahen Verwaltung sowie im non-profit Bereich. Beer blickt unter anderem auf Erfahrungen in international tätigen Industriekonzernen, bei den Vereinten Nationen und in der Agenturszene für Nachhaltigkeit zurück.
Fotocredits
Gerald Lechner