Was haben Nepal und Bhutan gemeinsam?
- Lage in Südasien
- landschaftlich geprägt vom Himalaya-Gebirge
- Teilnehmer am Projekt SEID, bei dem Austria Recycling Projektpartner war
SEID steht für Sustainable and Efficient Industrial Development. Ziel dieses Projektes war es, Tourismusbetriebe und Agrarunternehmen auf ihrem Weg der nachhaltigen Geschäftsentwicklung zu unterstützen und zu beweisen, dass Ressourceneffizienz letztendlich den Profit erhöht.
Vorweggenommen: Dies ist gelungen.
Austria Recycling war als Projektpartner Teil des internationalen Teams. Wie wir vorgegangen sind und welche Herausforderungen zu meistern waren, erzählen wir Ihnen im Folgenden.
Projekt SEID – Wie sind wir vorgegangen?
Im ersten Schritt wurden in den Zielländern junge Leute mit technischer Ausbildung eingeladen, sich als Consultants für das Projekt zu bewerben
In einem Assessment Center prüften wir die Eignung zum Berater. Es geht
- um technisches Grundverständnis
- und vor allem um soziale Fähigkeiten, die in Rollenspielen überprüft wurden.
Die ausgewählten zukünftigen Berater nannten wir anfangs Junior Consultants, nach erfolgreichem Durchlaufen der ersten Ausbildungsschritte wurden daraus Local Consultants. In unserem Konzept war die Ausbildung zum Local Consultant ein wesentlicher Anreiz und auch Teil der Entlohnung.
Die jungen Leute sollten das Projekt als Gelegenheit verstehen, sich eine profunde und praxisrelevante Ausbildung und damit gute Jobchancen zu schaffen – sei es als Expert(inn)en für Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit in Betrieben oder der öffentlichen Hand oder gar als selbstständige Berater. Damit soll außerdem erreicht werden, dass der RECP Ansatz (resource efficient and cleaner production) über die Projektlaufzeit hinaus im Land verbreitet wird, sich ökologisches Verhalten gewissermaßen verselbstständigt, da das fachliche und methodische Knowhow im Land ist und bleibt.
SEID Local consultants und internationale Experten auf Weiterbildung in Sauraha, Nepal
Kulturell angepasste Ausbildungsmaßnahmen
In Nepal gibt es eine fundierte technische Ausbildung an Schulen und Hochschulen, für die die Schüler bezahlen. Daher meldeten sich viele junge Leute zu unserem Assessment an und wollten am Projekt mitarbeiten. In Bhutan gab es zum Projektstart noch keine technischen Hochschulen, außerdem wird jede Form der Ausbildung vom Staat bezahlt und ist sehr in der Tradition des ‚Buddhistischen Königreichs‘ verwurzelt. In Bhutan sind viele Tätigkeiten die uns selbstverständlich erscheinen nicht üblich oder gar verboten. Es gibt im ganzen Land keine Schlachthäuser, Jagd und Fischerei ist nicht erlaubt. Die Forstwirtschaft ist stark eingeschränkt, das Konzept einer Nachhaltigen Bewirtschaftung der Wälder ist noch unbekannt.
Es war rasch klar, dass es die eine Lösung für beide Länder nicht geben konnte. Unsere Aufgabe war es, speziell angepasste Herangehensweise für die Ausbildung als consultant zu finden.
Das internationale Expert(inn)enteam setzte gemeinsam mit den angehenden lokalen Berater/innen in den Betrieben Maßnahmen um und erarbeitete damit einen Katalog mit bereits erfolgreich umgesetzten lokalen Beispielen zur Steigerung der Resourceneffizienz. Dieses Vorgehen unterstützte die lokalen Berater beim Erwerb von Knowhow und Selbstvertrauen. Interessierte Betriebe konnten sich ein Bild machen und vom lokalen Kontext überzeugt werden. Die ausgewählten Showcases zeichneten sich durch einfache Nachvollziehbarkeit und Wiederholbarkeit aus. Und sie zeigten, welche Kompetenzen jeweils notwendig waren.
So ist zum Beispiel Warmwasseraufbereitung auf Dächern in Nepal durchaus üblich. Allerdings sind die Anlagen schlecht gewartet oder sogar kaputt. Hier braucht es prozessuales wie technisches Wartungs- und Reparier-Knowhow, die Investitionen sind zumeist eher gering.
In Bhutan ist Warmwasseraufbereitung auf Dächern unbekannt. Hier braucht es fürs Erste Installationskenntnisse und entsprechendes Kapital für die Umsetzung.
Nachhaltigkeit – in Nepal etwas Anderes als in Bhutan
Auch das Verständnis von Nachhaltigkeit ist nicht dasselbe. Das liegt unter anderem in der sehr unterschiedlichen politischen und wirtschaftlichen Situation der beiden Länder.
In Nepal, das nach vielen Jahren des Bürgerkriegs immer noch politisch instabil ist, erwarten Unternehmer keine Unterstützung seitens der öffentlichen Hand und sind gewohnt, auf sich alleine gestellt zu agieren. Die Stromversorgung ist nur mangelhaft, in den meisten Regionen gibt es stundenlange Abschaltungen und die Betriebe müssen entweder auf Alternativen zurückgreifen oder mittels Generatoren den Strom selber erzeugen. Insgesamt stagniert die Wirtschaft und der Fremdenverkehr und das schlägt sich auch auf die Stimmung in den Betrieben nieder.
In Bhutan ist die politische Situation sehr stabil, es wird sehr langfristig gedacht und voraus geplant. Alle Betriebe habe ausreichend Zugriff auf besonders billigen Strom (zu 100% aus Wasserkraft), der Anreiz zu sparen ist damit eher gering. Während der Projektlaufzeit haben sich Tourismus (ein relativ junger Wirtschaftszweig im Land) und Wirtschaft sehr positiv entwickelt. Es herrscht eine sehr positive Stimmung im Land.
Eine Anekdote aus Bhutan veranschaulicht, dass Nachhaltigkeit relativ ist: Ein junger Mann erläuterte im Rahmen eines Assessment Centers aus bhutanesischer Sicht schlüssig, dass ein Holzhaus an sich bereits gegen das Prinzip der Nachhaltigkeit verstößt. Holz ist kein ökologischer Baustoff, weil Holzwirtschaft den Wald schädigt. Die Argumentation überraschte uns Partner aus Europa und machte uns klar, welch unterschiedliche Zugänge zu diesen Themen existieren.
Abschlussveranstaltung zur Auszeichnung der besten Firmen in Thimphu, Bhutan
Derart unterschiedliche Voraussetzungen machen unterschiedliche Maßnahmen zur Steigerung der Ressourceneffizienz nötig.
In Nepal war die ‚eigene‘ Stromerzeugung einer der wesentlichen Kostenfaktoren. Das war den Unternehmen bewusst und hier konnten oft rasch Einsparungen erzielt werden. So ging es in Nepal zumeist um Verbesserung bestehender Anlagen (z.B. Isolierung von Boilern, Beleuchtung, Verbesserungen zu Heizungs- und Sanitäranlagen) und Maßnahmen zur Reduktion der Abfälle. In Bhutan war aus unternehmerischer Sicht die Notwendigkeit, Strom zu sparen nicht gegeben, der Anreiz eher gering. Aus ökologischer Sicht könnten die meisten Einsparungen (vor allem an CO2 Emissionen) durch die Umstellung von anderen Energiequellen (Diesel und Gas werden zu 100% importiert und müssen aufwändig per LKW transportiert werden) auf Strom erzielt werden.
Insgesamt betrachtet waren die Einsparungen im Rahmen des Projektes in beiden Ländern ähnlich: Hotels konnten durchschnittlich 15 – 17% beim Energieverbrauch und 13 – 15% beim Wasserverbrauch einsparen. Das brachte Kosteneinsparungen von 15-17%. Über die Jahre betrachtet sind die zu erzielenden Ressourcen- und Kosteneinsparungen also erheblich.
Conclusio
Am Beispiel dieser beiden Länder zeigt sich, dass
- der Ansatz ‚verbesserte Ressourceneffizienz führt zu erheblichen Kosteneinsparungen‘ auch in zwei sehr unterschiedlichen Ländern funktioniert
- die lokalen Gegebenheiten natürlich zu berücksichtigen sind und
- daraus sehr unterschiedliche Einzelmaßnahmen resultieren können.
Eine fundierte Kenntnis und Berücksichtigung lokaler Gegebenheiten, der politischen und kulturellen Situation, klimatischer Besonderheiten, aber auch regionaler Eigenheiten erhöht jedenfalls die Bereitschaft zur Umsetzung in den teilnehmenden Betrieben und verbessert auch die Wirkung der umgesetzten Maßnahmen.
Stefan Melnitzky (Mitte) und Projektpartner in Nepal
Über das Projekt SEID
Projektlaufzeit: Februar 2012 bis Dezember 2015
Projektteilnehmer: rund 200 Betriebe (Tourismusbetriebe und Agrarunternehmen als Zulieferer dieser Tourismusbetriebe)
Partnerorganisationen von Austria Recycling waren:
- Gruppe zu Förderung der Angepassten Technologien (GrAT) als Projektleiter
- Asia Society for Social Improvement and Sustainable Transformation, Inc. (ASSIST)
- STENUM Asia
- Federation of Nepalese Chamber of Commerce and Industry (FNCCI)
- Bhutan Chamber of Commerce and Industry (BCCI)
Lesen Sie auch über GPIOS, das erfolgreiche Ressourceneffizienzprojekt auf den Philippinen: Green Philippines – Islands of Sustainability: Austrias Recycling-Know-how goes Asia
Autor
DI Stefan Melnitzky, Geschäftsführer bei Austria Recycling, Verein zur Förderung von Recycling und Umweltschutz in Österreich, www.austriarecycling.at.
Der Verein Austria Recycling fördert seit 1946 Umweltschutz und Recycling in Österreich und international. Er war federführend beim Aufbau der österreichweiten Altstoffsammlung. Schwerpunktgebiet der internationalen Beratungstätigkeit ist Asien
Der Verein finanziert sich über Mitgliedsbeiträge und Projektaufträge. Vereinsmitglieder leisten mit ihrer Mitgliedschaft einen Beitrag zur Verwirklichung von nachhaltigem Wirtschaften. Beratungsleistungen sind für Mitglieder zum vergünstigten Mitgliederpreis erhältlich.
Kontakt: verein@austriarecycling.at