Der Fachkräftemangel hat die Entsorgungsbranche erreicht. Insbesondere LKW-Fahrer/innen sind aktuell schwer zu engagieren. Die Altersstruktur der Beschäftigten im Güterbeförderungsgewerbe lässt annehmen, dass der Mangel akuter wird. Denn 38% der Glaskraftfahrer/innen sind über 51 Jahre, nur 8% unter 30. Wie können wir dieser Entwicklung entgegen steuern? Wie kann ein attraktiver Job als LKW-Lenker/in für die Glassammlung aussehen?
Im Rahmen des diesjährigen Sustainability Future Council der Austria Glas Recycling diskutierten Expert(inn)en verschiedener Disziplinen über Strategien und Lösungen. Manche Themen betreffen den Beruf des LKW-Fahrers allgemein, manche sind spezifisch für die Glasentsorgung.
Gestiegene Anforderungen an Glaskraftfahrer/innen
Ein Glaskraftfahrer skizziert, was im Alltag zusätzlich zum eigentlichen Job zu bewältigen ist:
- steigender Druck durch vorgegebene Be- und Entladezeiten
- strikt vorgegebenes Zeitmanagement
- verstärktes Verkehrsaufkommen
- andere äußere Umstände (außerplanmäßige Verzögerungen durch Kunden, Wetter, Reparaturen und Wartung, etc.)
- das allgemeine Image von LKW-FahrerInnen in der Gesellschaft ist nicht besonders gut. Sie gelten als Luftverschmutzer, Bremser und störend im Verkehr.
- hohe Stressbelastung
Die Expert(inn)en entwickelten im Rahmen des Sustainability Future Councils die Anforderungen an den/die idealtypische Kraftfahrer/in für das Glasrecycling und priorisierten diese wie folgt.
Erwartungen an die Unternehmen
Welche Ansprüche seitens potenzieller Mitarbeiter/innen nehmen die Unternehmen wahr? Was können Entsorgungsfachbetriebe ihren Mitarbeiter(inne)n – neben Lohn und den gesetzlich gebotenen Sozialleistungen – anbieten? Was macht Entsorgungsfachbetriebe für Arbeitnehmer/innen attraktiv?
Aspekte, die Entsorgungsfachbetriebe bei Jobausschreibungen beachten könnten
- flexible Arbeitszeitmodelle (4-Tage-Woche, Teilzeit, etc.)
- kurze Bewerbungsprozesse (innerhalb von 5 Tagen)
- Ansprüche der verschiedenen Generationen[1] berücksichtigen:
Generation Y ist noch vergleichbar mit früheren Generationen;
Generation Z verlangt nach besserer Planbarkeit. In dieser Generation trifft Loyalität auf Flexibilität. Das bedingt auch eine durchschnittlich kürzere Anstellung/ Bindung bei einzelnen Unternehmen. - Fokuswechsel von Luxus und Geld auf Freizeit und Selbstverwirklichung
- Nachfrage nach Nebenerwerbstätigkeiten nutzen
Neue Recruitingstrategien und begleitende Maßnahmen
Der Arbeitskräftemarkt ist für die Entsorgungsbranche von Knappheit geprägt. Denn die Nachfrage nach qualifizierten Personen ist größer als das Angebot. Daher ändern die Unternehmen ihre Recruitingstrategien und -felder.
- „Das Fischen in neuen Arbeitnehmer/innen-Teichen ist notwendig“: Als wichtige Gruppe wurden hierbei Frauen erkannt. Diese sind unterdurchschnittlich repräsentiert im Berufsbild und bieten einen großen Pool an potenziellen Arbeitskräften. (50% aller Arbeitslosen sind Frauen, ca. 40.000). Führungskräfte müssen umdenken und sich von alten Rollenbildern lösen.
- Migration wird gebraucht, um die Überalterung des Berufsbildes abzufedern.
- Schichtbetriebe sind eine große Konkurrenz. Sie bieten regelmäßigere Arbeitszeiten (leichtere Vereinbarkeit von Beruf und Familie) und bessere Bezahlung.
- Aufnahme der Berufsgruppe LKW-Fahrer/innen in die Mangelberufsliste des AMS: Die Voraussetzung, um gelistet zu werden, hängt mit der Anzahl der Stellenmeldungen an das AMS zusammen. Kritisiert wird hier seitens der Unternehmen der bürokratische Aufwand. Doch langfristig betrachtet wäre die Aufnahme wichtig, da die Problematik des Fachkräftemangels steigt und der Nutzen für die Branche den dadurch entstehenden bürokratischen Aufwand des Einzelunternehmens rechtfertigt.
mögliche weitere Zielgruppen und mögliche Kommunikationskanäle
- Taxifahrer/innen z. B. via deren Innungen und Interessensvertretungen
- Fahrschüler/innen z. B. via Fahrschulen
- Schulabbrecher/innen z. B. via AMS und Berufsinformationsmessen, Messen für Beruf, Studium und Weiterbildung
- Lehrlinge z. B. via Lehrlingsstelle der WKO und AMS
- zugewanderte Männer und Frauen z. B.via AMS, Deutschkurse, Hilfsorganisationen
- Nebenerwerbsbäuerinnen und -bauern z.B. via Inserate in Landwirtschaftszeitschriften
Erfolgreiches Glasrecycling sucht gute Mitarbeiter/innen
Qualifizierte Mitarbeiter/innen sind das Rückgrat des erfolgreichen Glasrecyclingsystems in Österreich. Seit Jahren erreichen wir Recyclingquoten von weit über 80% beim Glasrecycling. Damit zählen wir verlässlich zu den Spitzenreitern in Europa. Zu den Erfolgsfaktoren gehören das zielorientierte Zusammenspiel vieler Behörden, Institutionen, Unternehmen und die professionelle, engagierte Mitwirkung der Mitarbeiter/innen all dieser institutionellen Akteure.
Glasrecycling ist ein wichtiges Element von Circular Economy. Daher haben Arbeitsplätze in der Recyclingbranche Zukunft und sind wertvoll.
Fußnote
[1] Baby Boomer: 1940 – 1959
Generation
X: 1960 – 1979
Y (millennial): 1980 – 1994
Z: 1995 – 2010
(Quelle: McKinsey & Company)