Nachhaltig Wein trinken aus der Steiermarkflasche

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Ich erwarb undercover im Klein-Supermarkt bei mir ums Eck, im zwanzigsten Wiener Gemeindebezirk, eine Flasche steirischen Welschriesling. Vordergründiges Ergebnis meiner Recherche: Bekömmlicher Flascheninhalt, mit fein fruchtiger Note und von zarter Säure. Aber es ging mir nicht um den Inhalt, sondern um die Verpackung: Die elegante, schlanke Flasche mit Schraubverschluss und einem im Glas aufgeprägten Panther – dem steirischen Wappentier – heißt ALLWEG-Steiermarkflasche und ist zu einem gemeinsamen Gütesiegel für Qualitätsreben einer Region geworden. Dieser Imageträger bietet vor allem auch einen ökologischen Mehrwert: Das Bundesland setzt auf Bouteillen mit Rückgabemöglichkeit.

Insgesamt 300 Weinbaubetriebe nutzen die Flasche, 58 davon (sowie 101 SPAR-Märkte) beteiligen sich direkt am Rücknahmesystem: Ihr Leergut kommt in moderne Spülanlagen, und für die Reinigung einer Flasche werden 0,09 kWh an Energie benötigt (während es für die Produktion einer neuen Bouteille 1,1 kWh braucht). Etwa fünf Millionen Steiermarkflaschen sind im Umlauf, und im Jahr 2016 wurden um die dreieinhalb Millionen Glas-Panther gewaschen und wiederbefüllt. Unter Leitung des Landes Steiermark, Referat Abfallwirtschaft und Nachhaltigkeit, ist so im Bundesland ein Anreizsystem für Kreislaufwirtschaft geschaffen worden.

Österreichweit bieten gut 4.300 der über 14.000 Weinbaubetriebe Tropfen mit dem Prädikat Qualitätswein an, durchgehend in 0,7-Liter-Flaschen. Gerade nach dem Glykolskandal von 1985 setzte eine steigende Zahl von Winzern auf Qualitätsprodukte, und auch die Konsumenten wandten sich ab von der Allerweltabfüllung in den Kategorien rot oder weiß / süß oder sauer, und damit auch von der gesichtslosen, aber wiederbefüllbaren Literflasche oder der größeren Ladung, siehe Dopplereffekt. Die junge Winzer-Szene wollte die Qualität ihrer Produkte auch durch das Behältnis kommunizieren: Es gibt Geschichten von Generationskonflikten in Weinhauer-Dynastien, wenn der Nachwuchs ein Vielfaches in Bouteillen investierte, die selbstbewusst ihren Hals in die Höhe reckten; und abgefeierte Malerfürsten verdienten sich ein Zubrot durch Etikettengestaltung. Damals gab es im Land noch keine Verpackungskoordinierungs-, sondern offenbar eine Verpackungsindividualisierungsstelle.

Die auf Mehrwegnutzung ausgerichtete Steiermarkflasche setzt hier einen neuen Trend. Aus Renitenz – oder schöner gesagt: aus investigativem Interesse – wollte ich wissen, ob die Rückgabe denn auch außerhalb der Grünen Mark funktioniert und ich mir auch in Wien die Vergütung von 10 Cent holen kann. Nach Genuss des feinen Tropfens und ein klein wenig Recherche komme ich zum Ergebnis: Nein, das nicht. Doch guten Gewissens gehe ich zum Altglas-Recycling-Container, der noch näher liegt als der Nahversorger mit Nachschub, und übergebe den Panther dem ewigen Glas-Kreislauf.

Autor

Mario Jandrokovic, einst Journalist und Filmer, heute am Energieinstitut der Wirtschaft zuständig für Kommunikation und Projektmanagement. Kontakt: www.energieinstitut.net
Lesen Sie auch seinen Beitrag: Weit mehr Wege als Mehrweg – Die Nachhaltigkeitsagenda für Getränkeverpackungen

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