Nachhaltigkeit weiterdenken – Ein Studierendenteam stellte sich der Herausforderung

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Häufig hört oder liest man manche Begriffe so oft, dass man das Gefühl verspürt, zu wissen, was sie bedeuten, ohne nachgeforscht zu haben. Sie nehmen so viel Platz in den Gesprächen anderer oder in den Medien ein, dass sie selbstverständlich werden und eine Auseinandersetzung mit ihnen überflüssig erscheint. Nachhaltigkeit bzw. nachhaltige Entwicklung mag ein solcher Begriff sein – kaum greifbar, aber sehr präsent. Wir sind ein Team aus fünf Studierenden unterschiedlicher Hochschulen, das sich zum Ziel gesetzt hatte, die Konfrontation mit diesem Konzept zu suchen. Dabei haben uns weder Vermutungen noch schwache Umsetzungsmaßnahmen interessiert, sondern konkrete Lösungen für reale Herausforderungen.

Sustainabilty Challenge

Im Rahmen der interuniversitären Ringlehrveranstaltung „Sustainability Challenge“, betreut vom Regional Centre of Expertise on Education for Sustainable Development (RCE) Vienna, haben wir zusammen mit Austria Glas Recycling als Praxispartner an einem 2-semestrigen Projekt gearbeitet. Diese Form der gemeinsamen Lösungskonzeptionierung wird als „Service Learning“ bezeichnet. Das Grundkonzept besteht darin, die Theorie aus interdisziplinären Lehrveranstaltungsblöcken mit Erfahrungen und Herausforderungen aus der Praxis zu verbinden und dabei transdisziplinäre Ansätze zu fördern. In diesem Beitrag wird gezeigt, welcher thematische Hintergrund dahintersteckt und wie die Ergebnisse unseres Arbeitsprozesses aussehen.

Smart City als thematischer Schwerpunkt

Im Fokus der Sustainability Challenge stand das Thema „Smart City“. In Anbetracht der heutigen demographischen Entwicklungen erfährt dieser Schwerpunkt eine wichtige Bedeutung und war mitunter ein Grund, uns für diese Lehrveranstaltung zu bewerben. Zum einen stecken recht viele wirtschaftliche und gesellschaftspolitische Dynamiken hinter Urbanisierungsvorgängen und zum anderen bedeuten diese auch einen erhöhten Druck auf natürliche Lebensräume und Ressourcen. All dies behandelt die Initiative einer Smart City und die Ringlehrveranstaltung ermöglichte uns, umfassende Einblicke aus naturwissenschaftlicher, wirtschaftlicher, technisch-planerischer sowie politischer Perspektive zu gewinnen.

Die Aufgabenstellung angelehnt an einen kurzen Rückblick

Um in diesem Zusammenhang in die gewünschte „reale“ Konfrontation mit nachhaltiger Entwicklung zu gehen, starteten wir im März 2016 ein Projekt mit Austria Glas Recycling, welches im Jänner dieses Jahres endete. Die Erfahrungen, die uns in dieser Zeit begleiteten, ähneln wohl am ehesten dem Auf und Ab einer Welle. Auf Momente der Euphorie und Motivation folgten jene der vielen Überlegungen und Zweifel. Doch genau diese Erfahrungen zeichnen, neben den eigentlichen Outputs unserer Arbeit, die enge Zusammenarbeit aus. Im Nachhinein meinen wir, dass sowohl auf unserer Seite als auch auf jener unserer Praxispartner neue Sichtweisen und Eindrücke gewonnen wurden, an die wir vermutlich beim ersten Kennenlernen nicht gedacht hätten. Ebenso hätten wir nicht daran gedacht, beim Touch Down und damit der Projektpräsentation mit Leintüchern auf der Bühne zu stehen.

Unsere konkrete Aufgabe im Rahmen dieses Service Learning Projekts bestand darin, den Mehrwert der Leistungen des österreichischen Glasrecyclingsystems herauszufiltern und zu kommunizieren. Daran gekoppelt zeigten sich recht bald zwei konkrete Herausforderungen, mit denen wir beschäftigt waren. Zum einen das Einfangen eines ganzen Systems: das Glasrecycling ist sowohl ein Netzwerk aus vielen Stakeholdern als auch ein Rohstoffkreislauf mit entsprechenden ökologischen und sozialen Aspekten. Diese Beobachtung führte zur zweiten Herausforderung: Kreativität – Kreativität war für fast jedes Unterziel der Aufgabenstellung notwendig und nicht unwesentlich für die Motivation. Schließlich konnten wir zwei Outputs unserer Projektarbeit präsentieren, einen stark inhaltlich orientierten, schriftlichen Ideenkatalog mit einem Ideenbündel und einen kreativ gestalteten Workshop.

Das Ideenbündel

Das Ideenbündel ist, wie der Name vermuten lässt, eine Sammlung an Ideen, hier konkret „Impacts“, die sich im Laufe des Arbeitsprozesses als Projektschwerpunkte herausgebildet haben. Diese Impacts (insgesamt 5) zeigen jene Bereiche auf, die wir parallel zum Kerngeschäft der Austria Glas Recycling als Mehrwert empfinden bzw. als Leistungen auffassen, die im Hintergrund laufen, aber einen wertvollen Beitrag zum gesamten System darstellen. Sie wurden mittels ausführlicher Recherche und ExpertInneninterviews herausgearbeitet, wobei die Inspiration auch aus mehreren öffentlichen Veranstaltungsbesuchen und den Lehrveranstaltungsblöcken kam.

  • Corporate Social Responsibility (CSR): Umweltpolitische Gestaltungsmöglichkeiten spielen bei der Wahrnehmung von Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und der Umwelt eine wesentliche Rolle und sollten verstärkt werden. Eine Empfehlung unsererseits ist eine vertiefte Maßnahmensetzung im nachhaltigen Optimierungsprozess in Richtung CSR 3.0 und ein stärkerer Bezug zu den SDGs (Sustainable Development Goals).
  • Das 3-Säulen-Modell: Unsere Auseinandersetzung mit nachhaltiger Entwicklung galt auch zu einem wesentlichen Teil ihrer grafischen Darstellung. Zum einen führt die Separierung der Dimensionen Ökologie, Ökonomie und Soziales womöglich zum Verlust der Orientierungsfunktion und zur Vernachlässigung von Wechselwirkungen. Zum anderen wird eine Gleichwertigkeit der drei Bereiche suggeriert. Ein Verständnis, bei dem die ökologischen Systeme die Rahmenbedingungen definieren, erscheint uns hier sinnvoller.
  • Soziale Innovationen: Wir gehen davon aus, dass Austria Glas Recycling mit dem Non-Profit-Status ein prägendes Merkmal zukommt, was zu einer noch stärkeren Positionierung verhelfen kann. Soziale Innovationen lassen sich damit gut vereinbaren, da sie keine linearen Prozesse darstellen, das Potenzial der Gesellschaft in den Fokus rücken und sehr wirksam sein können.
  • Netzwerk: Als Informationsquelle für Lizenznehmer der Austria Glas Recycling eignet sich unserer Ansicht nach eine Netzwerkplattform, die redaktionell von Universitäten, ExpertInnen aus dem Recyclingbereich und der Glasindustrie bespielt wird. Des Weiteren könnte sie für schnelle, direkte und sichere Kommunikation verwendet werden und mit unterschiedlichen Leserechten ausgestattet sein.
  • Rohstoffe: Auch wenn es sich beim Glasrecycling um das Kerngeschäft unseres Praxispartners handelt, wollten wir diesen Bereich näher behandeln. Uns ist aufgefallen, dass Glas einen immer höheren Stellenwert einnimmt, wie beispielsweise in verpackungsfreien Läden, die wir besucht haben, und im Nachhaltigkeitsbewusstsein an Wichtigkeit gewinnt. Das weiterhin zu kommunizieren, ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor.

Der Workshop

Als kreativen Output und zum Teil auch als persönlichen Abschluss dieser Projektarbeit haben wir in Kooperation mit dem Ökosozialen Studierendenforum (ÖSSFO) einen Workshop mit dem Titel „Wie weit geht Nachhaltigkeit?“ organisiert. Es ging darum, Nachhaltigkeit in bereits bestehenden, gut funktionierenden Systemen weiterzudenken – im Sinne einer Nachhaltigkeit, die berührt, verbindet und beständig ist. Dabei wurden die drei Säulen der Nachhaltigkeit auf neuartige Weise aufgegriffen und die Vielfalt der TeilnehmerInnen genutzt, um umfassende Eindrücke zu erhalten.

Sustainability Challenge - Studierende erarbeiten Konzepte für Nachhaltigkeit beim GlasrecyclingAustria Glas Recycling ist Learning Partner bei der Sustainability Challenge für mehr betriebliche Nachhaltigkeit

Resümee

Zum Schluss bleibt zu sagen, dass wir die transdisziplinäre Arbeit sehr zu schätzen gelernt haben und es erstaunlich finden, was Teams auf eine einfallsreiche Art und Weise gemeinsam erreichen können. Die Nähe zur Praxis hat uns neue Gebiete erkunden lassen und hilfreiche Einblicke in andere Arbeitsweisen gegeben.

AutorInnen

Alexandra Friedl (FH Krems), Fionn Herold (BOKU), Gordana Maric (AAU), Stefanie Perl (Uni Wien), Wolfgang Thaler (Uni Wien)

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