Circular Economy stellt Abfallwirtschaft vor neue Herausforderungen

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Die Bedeutung der Abfallwirtschaft für Hygiene und Gesundheit ist unumstritten. Auch der Kreislaufwirtschaftsansatz muss dem Rechnung tragen.  Prof. em.  Paul Brunner und a.o. Professor Nemanja Stanisavljevic diskutieren die zusätzlichen Herausforderungen in ihrem Leitartikel in Waste Management & Research 2019 – Ausgabe 37(7) 665-666 : „Quantity AND quality: New priorities for waste management“

„Qualität UND Quantität: Neue Prioritäten für die Abfallwirtschaft“.

Brunner und Stanisavljevic warnen davor, Abfallwirtschaft zu stark aus dem Blickwinkel des ‚closing the loop‘ zu betrachten. Sie mahnen ein, dass Abfallwirtschaft zunächst den Schutz der Bevölkerung und der Umwelt, Ressourcenschonung und nachsorgefreies Abfallmanagement als Ziele hat. Je mehr Müll von Siedlungsgebieten abtransportiert wird, desto besser sind der Gesundheitszustand der Menschen und der Zustand der Umwelt. In manchen Regionen sei es daher bereits ein Fortschritt, wenn Müll zumindest kontrolliert deponiert wird, statt Wohngebiete zu verunreinigen. Dieses ‚historische Wissen‘ hat in die (Abfallwirtschafts)Gesetzgebung vieler Staaten Eingang gefunden. Das Verhältnis zwischen anfallendem und gesammeltem/abtransportiertem Müll ist eine Maßzahl für das Funktionieren von Abfallwirtschaftssystemen. Und natürlich gelte: Je höher der Anteil an recyceltem/behandeltem Müll, desto besser. Doch muss gewährleistet sein, dass die recycelten Produkte nicht ihrerseits Schaden an Mensch und/oder Umwelt anrichten. Als ein Beispiel nennen Brunner und Stanisavljevic, dass Kompost kommunaler Herkunft oftmals von ungenügender, gar schädlicher Qualität ist.

Gesundheit, Umweltschutz, Ressourcenschonung und Schadstofffreiheit

Daher muss die Abfallwirtschaft stark auf eine Abfallbehandlung fokussieren, die die qualitativen Ziele Gesundheit und Umweltschutz erreicht. Die Herausforderungen nehmen zu. Abfälle aus dem ‚vor-chemischen Zeitalter‘ waren Stoffe, die klar erkenn- und unterscheidbar waren. Hingegen besteht heutiger Abfall aus einer Vielzahl chemischer Substanzen, manche davon toxisch. Nur die wenigsten können von den menschlichen Sinnen identifiziert werden. Um die gefährlichen Stoffe aus den Abfällen herauszulösen, sind anspruchsvolle Labor- und Analysetechniken notwendig.

Die Wende von der herkömmlichen Abfallwirtschaft zu einer kreislaufwirtschaftsgerechten Behandlung wirft daher nach Brunner und Stanisavljevic einige Themen auf:

  • Welche Risiken sind aktzeptabel, wie viele toxische Stoffe können in einer Circular Economy recycelt werden? Viele giftige Substanzen sind zwar in nur sehr geringem Ausmaß in den Produkten enthalten. Jedoch im Falle des Recyclings großer Mengen können diese einen relevanten Effekt haben, solange Technologien fehlen, toxische Stoffe dem Stoffkreislauf zu entziehen.
  • Was ist die optimale Recyclingquote für ein bestimmtes Material?
  • Auch in einer Circular Economy werden nicht alle Materialien recycelt. Endlagerstätten für nicht-rezyklierbare Stoffe sollten im Hinblick darauf errichtet und gemanaged werden, dass sie toxisches Material für unbestimmbare Dauer enthalten werden.
  • Neue Analysemethoden für die Optimierung von Materialkreisläufen müssen entwickelt werden. Forschungsergebnisse und Produktionsstatistiken sollten korrespondieren, damit langfristig passende Strategien und Technologien geschaffen werden können, um Circular Economy zu realisieren und gleichzeitig giftige Abfälle angemessen zu behandeln bzw. endzulagern.
  • In nächster Zeit werden Materialien, die aufgrund ihrer Schädlichkeit mittlerweile verboten sind – insbesondere aus dem Baugewerbe – zur Abfallbehandlung gelangen. Die Herausforderung ist daher, eine saubere Kreislaufwirtschaft zu schaffen.

Neue Technologien, verlässliche Kontrollmechanismen und vorausschauende Ordnungsrahmen werden nötig sein, um eine saubere, schadstofffreie Circular Economy Wirklichkeit werden zu lassen.

Autoren

Paul H. Brunner ist Professor emeritus der TU Wien

Nemanja Stanisavljevic ist außerordentlicher Professor an der technischen Fakultät  der Universität Novi Sad.

Quelle

Magazin Waste Management & Research

für ISWA-Mitglieder online lesbar

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