Österreichs Wirtschaft kann Circular Economy

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Harald Hauke, Circular Economy

In Österreich hat die Wirtschaft immer auch Verantwortung für die Umwelt übernommen. 1993 wurde der Grundstein für eine institutionalisierte Form dieser Verantwortung im Verpackungsbereich gelegt – die „Produzentenverantwortung (producer responsibility)“, verankert im Abfallwirtschaftsgesetzt (AWG) und in der Verpackungsverordnung (VVO). Eine Zeitenwende in der Abfall- und Entsorgungswirtschaft.

Mit dem Kreislaufwirtschaftspaket der EU gehen wir wieder einen Schritt weiter. Es sollen der Primärressourcenverbrauch reduziert und die Recyclingquoten deutlich erhöht werden. Der Green Deal soll uns eine intakte Umwelt UND Wohlstand bescheren. Unmöglich, denken Sie? Entweder Ökonomie oder Ökologie? Meine Generation wuchs an den Wirtschaftsuniversitäten mit diesem Konzept heran. Viele glaubten lange an die Unvereinbarkeit von Wirtschaft und Umwelt. Mittlerweile sehen wir, dass es auch anders gehen kann. Kreislaufwirtschaft – Circular Economy – ist der Weg zum „sowohl-als auch“ anstelle des „entweder-oder“. Vergessen wir nicht, Ökonomie und Ökologie tragen das griechische Wort ‚Oikos‘ für Haus- und Wirtschaftsgemeinschaft in sich. In unserem Haus wollen wir dafür sorgen, dass es allen möglichst ganzheitlich gut geht. Die Transformation von der ressourcenverbrauchenden linearen zur ressourcenschonenden zirkulären Wirtschaft ist ein wesentlicher und wichtiger Beitrag zum Green Deal der EU.

Funktionierende, kreislaufwirtschaftstaugliche Materialflüsse sind gefragt

Österreichs Unternehmen wissen um den Wert einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft für ihre Produktion und für ihre Marken.

Eine aktuelle – von der Austria Glas Recycling in Auftrag gegebene – Umfrage von GfK zeigt, dass für fast die Hälfte der Stakeholder im Bereich Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit der Aufbau kreislaufwirtschaftstauglicher Materialflüsse das Top-Thema ist, gefolgt vom Aspekt des aktiven Klimaschutzes sowohl im Unternehmen als auch in der Lieferkette. Vor allem in diesen Bereichen sehen die Stakeholder eine Notwendigkeit, ihren Wissensstand zu verbessern.

In vielen Segmenten der Umwelttechnologie und Recyclingwirtschaft blickt Europa auf Österreich. Zum Beispiel gilt das heimische Glasrecyclingsystem seit vielen Jahren als best practice. Beim Glasrecycling erreichen wir schon jetzt die Recyclingquote, die für 2030 vorgeschrieben ist. Die europäische Initiative „Close the Glass Loop (CGL)“, ein Netzwerk aus Verpackungsglasindustrie, Aufbereitern, Markenartiklern, Sammelsystemen und anderen Partnern lädt mich regelmäßig ein, Österreichs Expertise zu teilen. Besonders interessiert sind die Unternehmen am Sammelsystem an sich, an den Finanzierungs- und Kommunikationsstrukturen sowie den Fortschritten bei der Digitalisierung der Redistributionslogistik in Österreichs Abfallwirtschaft.

Kunststoffe – genialer Werkstoff, Challenge beim Recycling

Zugegeben, nicht jede Vorgabe aus dem Circular Economy Package der EU überspringen wir derart sicher, wie die Glasrecyclingquote. Die Recyclingquoten für Kunststoffe stellen auch für Österreichs Wirtschaft eine Challenge dar. Die Genialität des Materials Kunststoff erweist sich beim Recycling manchmal als schwierig. Seine Vielfalt, die seinem Siegeszug als Werkstoff vom Wasserleitungsrohr bis zur Müsliverpackung, vom Sport-Shirt bis zum Sportplatzbelag zugrunde liegt, müssen wir in der Verwertungsindustrie zu meistern lernen.

Ein wichtiger Hebel für die Kreislaufwirtschaft ist, dass wir am Start bereits ans (vermeintliche) Produktende denken müssen. Kreislaufwirtschaft ist nicht nur ein Abfallwirtschaftsthema. Wiewohl die Abfallwirtschaft eine tragende Rolle bei der Redistribution von Sekundärgütern und Sekundärrohstoffen einnimmt. Aber Kreislaufwirtschaft beginnt vor der Produktion. Beginnt beim Design von Produkten. Wir sprechen von Circular Design. Damit meinen wir zum einen, dass aus Produkten, beziehungsweise Produktkomponenten, neue Produkte werden (Design from Recycling). Zum anderen meinen wir, dass Produkte für Recycling bzw. eine möglichst hohe Recyclingfähigkeit gestaltet werden (Design for Recycling).

Circular-Economy-Kapital

Neben chemisch-technischer und logistischer Expertise – in Österreich reichlich vorhanden – brauchen wir auch eine finanzielle Grundlage für die Transformation zur zirkulären Wirtschaft. Der Paradigmenwechsel muss sich auch in der Risikobewertung seitens der Kapitalgeber und Investoren niederschlagen. Banken und Börsen müssen ebenso auf den Zukunftswert von Circular Economy setzen, so wie die Betriebe und die Gesellschaft. Forschungs- und Innovationsförderung seitens des Staates Österreich – zum Beispiel aus dem Corona-Wiederaufbaufonds, auch passend Next Generation EU-Fonds genannt – werden nachhaltig Früchte tragen.

Österreichs Unternehmen und seine wirtschaftlichen Strukturen halte ich für bestens gerüstet, Circular Economy zu realisieren. Die Krise als Chance sehen, ist eine abgedroschene Aussage. Und doch wahr. Nochmals aus dem Griechischen: ‚Krisis‘ bedeutete ursprünglich unter anderem Entscheidung. Entscheiden wir uns gerade jetzt für eine aktive Circular-Economy-Rolle. Meine KollegInnen und ich unterstützen Sie sehr gerne dabei.

Autor

Dr. Harald Hauke ist Vorstand der ARA AG und Geschäftsführer der Austria Glas Recycling GmbH. Davor war er rund 20 Jahre in multinationalen Konzernen – vor allem im FMCG- Bereich – tätig.

Links

Austria Glas Recycling GmbH: www.agr.at
Glasrecycling in Österreich – 40 Jahre Nachhaltigkeit – youtube-Video
Ressourcen und Kreislaufwirtschaft – youtube-Video
ARA AG: www.ara.at
Ist die Circular Economy ein Covid-19-Opfer? – Beitrag auf www.glasrecycling.at

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